Engel im Alltag in Dinslaken „Bei den Tieren vergesse ich die Zeit“

DINSLAKEN · Nicola Tischer kümmert sich beim Tierrettungsdienst des Vereins Hilfe für Tiere in Dinslaken um viele Notfälle. Ein 24-Stunden-Job – doch das macht ihr nichts aus. Die Dankbarkeit der Besitzer motiviert sie jeden Tag aufs Neue.

 Nicola Tischer ist für den Tierrettungsdienst 24 Stunden lang an sieben Tagen in der Woche im Einsatz.

Nicola Tischer ist für den Tierrettungsdienst 24 Stunden lang an sieben Tagen in der Woche im Einsatz.

Foto: Maren Könemann

Als die kleine Maja immer wieder versucht, sich an den Pfoten zu lecken, wird Ursula Schenk langsam nervös. „Bestimmt hat es sich verschlimmert“, sagt sich die Hundebesitzerin und denkt sofort an die Arthrose in den Vorderpfoten, an der ihre neun Jahre alte Beagle-Dalmatiner-Hündin schon seit längerer Zeit leidet. Am liebsten wäre Schenk direkt zum Tierarzt gefahren, aber das ist ausgerechnet jetzt nicht möglich: „Wir waren gerade erst umgezogen und an diesem Morgen war der Schreiner bei uns, so dass ich nicht weg konnte.“ Als Maja schließlich nicht mehr auftreten kann, muss Ursula Schenk unbedingt etwas unternehmen. „Ich habe Nicola angerufen, und obwohl sie sehr viel zu tun hatte, ist sie direkt zu mir gekommen um zu helfen.“

Solche Situationen sind für Nicola Tischer Alltag. 24 Stunden ist sie am Tag im Einsatz, steht für alle Tier-Notfälle bereit – oftmals sieben Tage die Woche. Die ausgebildete Tierarzthelferin war 15 Jahre in einer Tierarztpraxis tätig, bevor sie vor etwa eineinhalb Jahren zum Rettungsdienst des Dinslakener Tierschutzvereins Hilfe für Tiere kam. „Ich wollte einfach mal etwas anderes machen“, begründet die 38-Jährige ihre Entscheidung. Und obwohl sie damit ihren recht geregelten Tagesablauf für einen 24-Stunden-Job aufgibt, hat sie den Wechsel bis heute nie bereut. „Wenn ich bei den Tieren bin, dann vergesse ich die Zeit“, sagt Tischer, die selbst zu Hause einen Dobermann namens „Lou“ hält.

Es ist aber nicht nur die Liebe zu den Tieren, die Nicola motiviert – es ist auch die Dankbarkeit der Menschen, denen sie durch ihren Dienst hilft. „Die Leute sind so froh, dass wir bei unseren Einsätzen viel Zeit mitbringen.“ Anders als beim Tierarzt, sagt sie, dort gehe es heutzutage nämlich oftmals genauso zu wie in den Warte- und Behandlungszimmern für uns Menschen: zu wenig Zeit und teilweise zu oberflächliche und schnelle Behandlungen. Darunter leide natürlich die Qualität, sagt Tischer.

Beim Tierrettungsdienst läuft das anders. Ein Einsatz dauere meist zwischen drei und vier Stunden. Wie oft sie in der Woche ausrücken muss, kann sie schwer sagen. „Mal ruft niemand an, mal fünf am Tag“, weiß Nicola. Den Tierrettungsdienst teilt sie sich mit einer weiteren ausgebildeten Tierarzthelferin. „Ich übernehme zwei Drittel des gesamten Dienstes, und meine Kollegin Nina ein Drittel“, sagt Tischer. Den Rettungswagen nehmen die Helferinnen während der Dienstzeiten mit nach Hause. Hierin befindet sich alles Nötige für eine schnelle Erstversorgung: Verbandsmaterial, Medizin, oder auch Infusionsmaterialien. Sollte die Erste Hilfe aber mal nicht ausreichen, werden die tierischen Patienten samt Besitzer im geräumigen Rettungswagen schnell zum nächsten Tierarzt oder in die Tierklinik gebracht. Damit Nicola Tischer immer so schnell wie möglich auf Notfälle reagieren kann, trägt sie von morgens bis abends ein Headset am Ohr. „Das bemerke ich schon gar nicht mehr“, sagt sie und muss dabei ein wenig lachen. Zudem halte sie sich ständig zu Hause oder in der Umgegend auf, damit sie bei einem Notfall schnell vor Ort ist. „Mal zum Weihnachtsmarkt nach Düsseldorf oder Köln zu fahren ist dann eben nicht drin.“ Und auch sonst versuche sie, nur zu Veranstaltungen zu gehen, bei denen sie in jedem Fall spontan weg kann. „Meine Kollegin musste einmal den Geburtstag ihres Sohnes unterbrechen, das ist dann schon schade“, sagt Nicola Tischer, aber das gehöre dazu. Und wenn es eben einen Notfall gibt, dann zählt für die Tierretter erst einmal nur noch das. Auch bei Maja war Nicola sofort vor Ort und hat sich viel Zeit für die Untersuchung genommen. So hat sie schließlich den wahren Grund für das Pfotenlecken gefunden: Eine tiefe Schnittwunde, die dringend behandelt werden muss. „Nicola hat die Wunde geklammert, Salbe aufgetragen und sie verbunden. Und auch in den Tagen und Wochen danach wurde Maja weiter liebevoll versorgt“, erinnert sich Ursula Schenk.

Und auch darauf kommt es in Nicolas Job an: den Besitzern ein gutes Gefühl zu geben und sie zu beruhigen. „Viele sind einfach total aufgeregt und konfus und haben wahnsinnige Angst, dass ihren Tieren etwas geschieht“, weiß Nicola Tischer. Oft helfe den Besitzern dann einfach der Gedanke daran, dass jemand für sie und ihr Tier da ist und sich Zeit nimmt. Für Nicolas Hilfe ist Ursula Schenk unendlich dankbar. Dass sie, um den Tierrettungsdienst kostenlos nutzen zu können, Mitglied des Vereins werden musste und einen Monatsbeitrag von zehn Euro zahlt, stört sie dabei keineswegs. „Es ist ein geringer Beitrag, und das was uns hier gegeben wurde, ist mit diesem Betrag bei Weitem nicht bezahlt worden.“ Viel wichtiger sei ihr außerdem, zu wissen, dass sie jederzeit beim Verein oder bei Nicola anrufen kann, sollte noch einmal etwas mit Maja sein. Und dieses schöne Gefühl, sagt sie, sei einfach unbezahlbar.

Kennen Sie auch einen Engel im Alltag? Wer ist Ihnen tagtäglich eine besondere Hilfe, wem sind Sie für seinen Beistand dankbar? Erzählen Sie uns Ihre Geschichte. Unsere Adventsreporterin Maren Könemann wird Sie (und Ihren Engel) gerne besuchen. Kontakt per Mail an adventsreporterin@rheinische-post.de oder unter Telefon 0281 14340.

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