Buchempfehlung: Neu in der Stadtbibliothek Blackbird – eine Jugend in den 70ern

Matthias Brandt, jüngster Sohn des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt, ist als großartiger Schauspieler durch seine vielen Fernseh-Rollen auch bundesweit bekannt geworden. Als 2016 seine Erinnerungen an die schwierigen Kindheits- und Jugendjahre als Kanzler-Sohn erschienen („Raumpatrouille“), war die Resonanz in den Medien und beim Lesepublikum überaus positiv.

 Nach seinem Erzählungsband „Raumpatrouille“ überzeugt Matthias Brandt jetzt mit seinem Romandebüt.

Nach seinem Erzählungsband „Raumpatrouille“ überzeugt Matthias Brandt jetzt mit seinem Romandebüt.

Foto: dpa/Harald Tittel

Sein Romandebüt „Blackbird“ (nach einem Beatles-Song) erzählt von den ersten Schritten eines pubertierenden Jungen ins Erwachsenenleben. Schauplatz ist eine namenlose Kleinstadt irgendwo in Westdeutschland in den späten 1970er Jahren. Der Roman knüpft mit seinem schnoddrigen Erzählstil, seiner Kunst des Weglassen, seiner feinen Ironie und dezenten Symbolik eng an die stilistischen und erzählerischen Qualitäten von „Raumpatrouille“ an.

Der Gymnasiast Morten Schumacher, von allen Motte genannt, wird mit knapp 16 Jahren ziemlich brutal aus einem verträumten Schülerleben heraus gerissen und mit gleich drei traumatischen Erfahrungen auf einmal konfrontiert. Da ist der Vater, der die Familie wegen einer jüngeren Frau verlässt, und da ist sein bester Freund Bogi, der an Lymphdrüsen-Krebs erkrankt ist und schon nach wenigen Monaten stirbt – womit Motte nur ganz schwer umgehen kann. Da ist aber auch das plötzliche Aufkeimen einer großen Liebeshoffnung namens Jaqueline und der peinliche Verlust aller Illusionen Mottes, als Jaqueline, bei seinem ersten Date mit ihr, im Kino mit einem anderen Jungen rumknutscht. Mottes Leben gerät danach völlig aus der Bahn, doch dann trifft er Menschen, die ihm Brücken ins Erwachsenenleben bauen.

Matthias Brandt gelingt es, den Leser so intensiv in die Sprach- und Erlebniswelt eines 15-Jährigen hineinzuziehen, dass beim Lesen die eigene Kindheits- und Jugendjahre wieder in Bewusstsein treten: das Gefühlschaos, die Begeisterungsfähigkeit und die Untröstbarkeit angesichts von Enttäuschungen. Zugleich werden für den Leser aber auch die emotionalen Verluste des Erwachsen- und Vernünftig-Werdens sichtbar. Der Roman einer Jugend in den 1970er Jahren nimmt von Anfang an gefangen und kann mit seiner Thematik und Erzählweise problemlos auch heutige Jugendliche erreichen.

Matthias Brandt: Blackbird. Roman, Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2019

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