Willi Brechling Reden wir mal übers Fotografieren

Dinslaken · In den RP-Sommerinterviews reden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens über Themen, zu denen sie sonst nicht befragt werden. Willi Brechling, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt Dinslaken und ehemaliger Stadtkämmerer, fotografiert gern.

 Willi Brechling fotografiert eine Blüte in seinem Garten. Für Detailaufnahmen in der Natur geht er bis auf wenige Zentimeter an seine Motive heran. Brechling fotografiert größtenteils digital, ab und zu aber auch noch analog.

Willi Brechling fotografiert eine Blüte in seinem Garten. Für Detailaufnahmen in der Natur geht er bis auf wenige Zentimeter an seine Motive heran. Brechling fotografiert größtenteils digital, ab und zu aber auch noch analog.

Foto: Büttner, Martin (m-b)

Herr Brechling, wie alt waren Sie, als Sie Ihre erste eigene Kamera bekommen haben, und was haben Sie damit fotografiert?

Willi brechling Anfang der 1960er Jahre hat meine Frau die Kamera mit in die Ehe gebracht — eine Voigtländer Vito b. Der Belichtungsmesser war extra. Das war sofort meine Kamera. Im Urlaub habe ich gern Landschaften fotografiert. Ich habe sehr schnell herausgefunden, dass es beim Fotografieren auf den richtigen Standort ankommt. Die Perspektive ist wichtig. Auf den Auslöser drücken kann jeder.

In den 60er und 70er Jahren wurden überwiegend Dias geschossen . . .

Brechling Das stimmt. Die musste man selbst einrahmen. Auch ich habe im Wesentlichen Dias gemacht. 1977 war ich beruflich in Venezuela, dann habe ich eine Reise durch den Westen der USA unternommen, durch die Canyons. In Dinslaken habe ich die Fotos großformatig abziehen lassen. Das Ergebnis war beeindruckend. Und die Folge eine mehrmonatige Ausstellung in der Krankenhausgalerie im Evangelischen Krankenhaus.

Wie war der Titel?

Brechling "Die Naturwunder Amerikas". Die Ausstellung war im Anschluss sehr lange im Aufgang der Stadtbibliothek zu sehen.

Was macht für Sie ein gutes Foto aus?

Brechling Bei Landschaften lege ich Wert auf einen guten Vordergrund. Der kann auch ruhig mal etwas verschwommen sein. Das kann ein Baum sein, ein Ast. Bei Porträts ist mir wichtig, dass sie nicht gestellt sind. Wenn jemand in die Kamera lächelt, ist das blöd. Andererseits sollte man die Menschen, die man fotografieren möchte, immer fragen, ob sie einverstanden sind.

Was fasziniert Sie am Fotografieren? Ist es das Fotografieren selbst oder das Anschauen der fertigen Bilder?

Brechling Es ist zum einen das Gefühl, Gesehenes mit der Kamera festhalten zu können. Ich bin immer gespannt, wie das Foto wird. Wenn es gelungen ist, freut man sich und kann Erinnerungen auffrischen.

Und sie anderen zeigen. Zum Beispiel in selbst erstellten Fotobüchern.

Brechling Ja. Das habe ich auch schon gemacht. Den Service bieten ja mittlerweile schon Supermärkte an.

Man kann solche Fotobücher natürlich auch am heimischen Computer layouten . . .

Brechling Dafür habe ich als Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt zu wenig Zeit.

Ihre Fotos waren schon in Ausstellungen zu sehen.

Brechling In den 90er Jahren bin ich nach Vietnam gefahren, vom Norden bis runter nach Saigon. Besonders interessant waren die Märkte. Ich habe mich darauf konzentriert, Menschen zu fotografieren. Das Ergebnis war meine Fotoausstellung "Menschen in Vietnam" in der Stadtbibliothek. Ein weiteres Reiseziel war Myanmar, das frühere Burma. Die Fotoausbeute war erneut großartig. Diesmal ging die Ausstellung von Dinslaken nach Oberhausen und Agen. Dinslakens Partnerstadt war voll mit Plakaten, die die Ausstellung ankündigten. Das hat mich sehr beeindruckt.

Sie reisen viel, haben die Kamera immer dabei. Welche Motive bevorzugen Sie außer den bereits genannten?

Brechling Ich besitze mehrere Kameras, fotografiere manchmal auch noch analog und bilde mir dann ein, dass die Bilder qualitativ besser sind als die digitalen. Meist ist aber eine digitale Spiegelreflexkamera mit Wechselobjektiven im Einsatz. Ich gehe manchmal bis auf wenige Zentimeter heran, etwa an eine Hummel, die auf einer Blume sitzt. Ich mag auch Sonnenuntergänge. In Sri Lanka habe ich mal sehr lange darauf warten müssen, dass sich die Silhouette eines Schiffs vor die im Meer untergehende Sonne schiebt.

Was würden Sie, wenn Sie in fremden Ländern reisen, nie fotografieren?

Brechling Behinderte Menschen und Menschen in absoluter Armut. In den Slums lasse ich meine Kamera stecken.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Fotografie sehr verändert. Bedauern Sie es, dass der gute alte Rollfilm verschwunden ist? Dass heute jeder knipst, aber kaum noch jemand fotografieren kann?

Brechling Nein, man lebt damit. Früher hat man schon mal vergessen, einen Film einzulegen. Heute gibt es ähnliche Probleme. Ich war kürzlich in Ägypten, habe mit einer kleinen Digitalkamera Unterwasseraufnahmen machen wollen. Aber es waren keine Bilder zu sehen.

Woran lag's?

Brechling Es war kein Chip in der Kamera . . .

RALF SCHREINER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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