Dinslaken Orgelhannes dankt ab
Dinslaken · Eine Institution verlässt die närrische Bühne. Nach fast 60 Jahren Angriff auf die Lachmuskeln nimmt der Walsumer Büttenredner Hans van der Linde in dieser Session mit nahezu 78 Jahren den Narrenhut und tritt ab.
Als Mann mit der Geige wird er seinem Publikum für immer in Erinnerung bleiben, doch Hans van der Linde ist nicht nur als musikalischer Humorist in die Bütt gegangen. Ebenso wie sein trockener und manchmal auch deftiger Witz werden seine ausgefeilten Kostümierungen in die Geschichte eingehen. Er legte auf die richtige Pointe genauso großen Wert wie auf das passende Aussehen. Seine Garderobe stimmte immer perfekt. Als musikalischer Clown begeisterte er sein Publikum jedes Jahr mit der Drohung, gleich nach Noten zu spielen, unterließ es aber dann doch jedes Mal.
Mit 18 die erste Büttenrede
Seine erste gereimte Büttenrede hielt er als 18-Jähriger vor fast 60 Jahren bei seinem Soloauftritt anlässlich des Abschlussballs seiner Tanzschule. Die Rede in Versform unter dem Motto "Was sagen Sie nur zu so einer Frau" beherrscht der Vollblutkarnevalist tatsächlich heute noch auswendig.
Mit dem Lacherfolg hatte er seine Bestimmung gefunden und stand 1955 das erste Mal als "Doof Nuss" im närrischen Rampenlicht. Schon vorher fiel er besonders durch sein komödiantisches Spiel auf, und dann war es nur noch ein kleiner Schritt auf die Walsumer Narrenbühne. Jedes Jahr schlüpfte er in eine neue Rolle und hatte sichtlich Spaß an der Verwandlung. Er brillierte als "Klein-Erna" oder als seine eigene Schwiegermutter und gerade die Fähigkeit, sich selbst auf den Arm zu nehmen, machten ihn rasch zu einem Publikumsliebling.
Nach einem kurzen Abstecher zur Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß Walsum zog es ihn ab 1962 den Rhein hinunter nach Eppinghoven zu den Narren der Karnevalsgesellschaft "We sin wer dor". Hier blieb er elf Jahre und krönte seine Vereinszugehörigkeit 1973 mit der Rolle des Karnevalsprinzen. Zwischenzeitlich hatte sich in Walsum mit der Karnevalsgesellschaft Gruen-Weiss ein neuer Karnevalsverein gegründet, und Hans van der Linde half dem dortigen Nachwuchs mit seiner Erfahrung aus.
Da Hans van der Linde im Herzen immer Walsumer geblieben ist und mit seiner Familie auch immer dort gelebt hatte, schloss er sich 1973 den Jecken in Vierlinden an und stand nun dort Jahr für Jahr auf der Bühne. Auch hier schuf er unvergessliche Rollen und im Verein erinnert man sich noch lebhaft mit Schmunzeln an den "Thekenturner", den "Schürzenkönig" oder den "Orgelhannes". Diese Figur verkörpert er auch heute noch mit großer Begeisterung, denn Hans van der Linde hat das Drehorgelspiel zu einem seiner zahlreichen Hobbys gemacht. Seine Darbietungen haben den Jecken im gesamten Ruhrgebiet und am Niederrhein bekanntgemacht. Nach fast 60 Jahren Zwerchfellmassage tritt Hans van der Linde unwiderruflich ins zweite Glied zurück, hat aber seinen Gruen-Weissen zum Glück versprochen, weiterhin mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.