Buchempfehlung Der Besuch des Doktoranden

Jan Peter Bremer verknüpft in seinen Romanen, für die er schon mit einer Reihe bedeutender Literaturpreise bedacht wurde, aktuelle Gesellschaftskritik mit literarisch anspruchsvollen Erzählformen. So griff er  zum Beispiel in seinem letzten Roman, „Der amerikanische Investor“ (2011), unter anderem die Probleme des Berliner Wohnungsmarktes auf.

 Ronald Schneider gibt Lesetipps. Heute empfiehlt er der den neuen Roman von Jan Peter Bremer „Der junge Doktorand“.

Ronald Schneider gibt Lesetipps. Heute empfiehlt er der den neuen Roman von Jan Peter Bremer „Der junge Doktorand“.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Sein neuer Roman, „Der junge Doktorand“, der sofort nach Erscheinen für den Deutschen Buch-Preis nominiert wurde, macht die zunehmende Kommunikations-Unfähigkeit in unserer Gesellschaft zum Thema eines Ehe- und Künstler-Romans.  Natascha und Günter Gerlach sind ein älteres Ehepaar, das sich schon vor Jahren in eine alte Mühle am Rande eines Provinzstädtchens zurückgezogen hat. Günter ist  Kunstmaler, der an seiner Erfolglosigkeit leidet, Natascha hadert mit dem Alter ebenso wie mit ihrem in Routine erstarrten Lebensalltag. Beide sind heillos miteinander zerstritten und haben dabei auch längst die Fähigkeit verloren, miteinander zu reden.

Seit zwei Jahren warten sie ungeduldig auf den Besuch eines jungen Kunsthistorikers, der seine Doktorarbeit über den Maler schreiben will. Günter hofft, dass mit der Doktorarbeit endlich auch wieder öffentliches Interesse auf seine Bilder gelenkt wird, Natascha verbindet mit dem Besuch des jungen Kunststudenten die Hoffnung auf eine Belebung ihres tristen Alltags und vielleicht auf eine kleine Affäre.

 Als der „junge Doktorand“ namens Florian Sommer endlich in der Mühle eintrifft, werden die Erwartungen aller Drei gründlich enttäuscht. Der junge Mann sieht sich als bloßer Zuhörer im immer weiter ausartenden Ehestreit der Gerlachs missbraucht, der Maler findet mit seinen Bildern und seinem Kunstverständnis keinerlei Resonanz bei dem jungen Mann und die Ehefrau muss erleben,  wie Florian alle ihre Annäherungsversuche kühl zurückweist. Das überraschende und dramatische Ende soll hier nicht verraten werden.

Der ebenso anregend wie unterhaltsam zu lesende Roman spielt virtuos mit den Lebenslügen und den meist trügerischen Hoffnungen der Menschen. Der Roman ist aber auch ein beklemmend zu lesendes Lamento über die menschliche Einsamkeit als notwendige Folge der Selbstbezogenheit und des Egoismus in unserer Gesellschaft, und er ist zugleich eine bitterböse Satire auf den künstlerischen Geniekult.

Jan Peter Bremer: Der junge Doktorand. Roman, Berlin Verlag 201

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort