Veranstaltung in der Drevenacker Dorfkirche Naturschutz – ein Geben und Nehmen?

Hünxe · Die vierteilige Themenreihe „Landwirtschaft im Gespräch“ ist zu Ende gegangen. Am letzten Abend mit Diskussion ging es darum, was Landwirte gegen das Artensterben tun könnten, aber auch darum, was sie das kostet.

 Ist hier Artenvielfalt möglich? Ein Mähdrescher fährt durch ein Feld mit Wintergerste. Zwischen den Ähren hält sich ein Busch Feldblumen.

Ist hier Artenvielfalt möglich? Ein Mähdrescher fährt durch ein Feld mit Wintergerste. Zwischen den Ähren hält sich ein Busch Feldblumen.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der vierte und letzte Teil der Themenreihe „Landwirtschaft im Gespräch“ hat sich in der Drevenacker Dorfkirche mit der Frage befasst: „Landwirtschaft und Biodiversität – Widerspruch oder Chance?“ Als Referenten hatte die Evangelische Kirchengemeinde Drevenack Klaus Horstmann eingeladen, den Leiter des Fachbereiches für Naturschutz, Landwirtschaft, Jagd und Fischerei in der Weseler Kreisverwaltung. Horstmann betreibt im Nebenerwerb einen Milchviehbetrieb.

Um den schlechten Zustand der Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten zu kennzeichnen, zog Horstmann zwei Studien heran. Das Bundesumweltministerium kam in der Studie „Die Lage der Natur in Deutschland“ zu dem Schluss, dass wesentliche Teile der Biodiversität in kritischem Zustand sind. 63 Prozent jener Arten, deren Lebensräume durch Schutzgebiete besonders geschützt werden sollen, weisen demnach einen ungünstig-unzureichenden oder schlechten Erhaltungszustand auf.

Etwa ein Drittel der Brutvogelarten sind in den letzten zwölf Jahren in ihrem Bestand zurückgegangen, wobei insbesondere Arten des landwirtschaftlich genutzten Offenlandes betroffen sind. Wesentliche Ursachen lägen unter anderem in hohen Nährstoff- oder Pestizideinträgen sowie in der Intensivierung oder Aufgabe der Flächennutzung.

Den dramatischen Rückgang von Vögeln des Offenlandes verdeutlichte Klaus Horstmann am Beispiel von Kiebitzen und Feldlerchen. Bei den Kiebitzen ist der Bestand von mehr als 20.000 Brutpaaren im Jahr 2005 auf 8000 im Jahr 2018 zurückgegangen, Tendenz weiter abnehmend. Bei der Feldlerche hat sich der Bestand zwischen 1990 und 2015 halbiert auf jetzt 100.000 Brutpaare.

Um den Rückgang der Artenvielfalt aufzuhalten, müssen Maßnahmen dafür sowohl im Umfang als auch in der Qualität effektiver werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Biodiversität in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU nach 2020“. Sie schlägt eine Mindestbreite von zwölf Metern für Blüh- und Schonstreifen vor, eine bessere Vernetzung von Brachen und Blühflächen, den Verzicht auf jährliches Mulchen und die Anlage von Blühstreifen auch auf Grünland.

 Klaus Horstmann zeigte mehrere Möglichkeiten auf, mit denen die Landwirtschaft helfen könnte. Man könne die Gelege von Vögeln umfahren, die Bewirtschaftung der Felder zeitlich hinausschieben und sich am Vertragsnaturschutz beteiligen. Chancen sah er auch in Grünland, auf dem keine Düngung erfolgt, später und seltener gemäht wird, keine Biozide eingesetzt werden. Auch das Projekt „Gewässerrandstreifen“ hat sich in der Vergangenheit bewährt. Dabei wurden für bis zu zehn Meter breite Gras- und Sukzessionsstreifen attraktive Ausgleichsbeträge gezahlt.

Um Niederwild und Insekten eine bessere Chance zu geben, können Wildäcker als Blühflächen oder Gehölzflächen und -streifen angelegt werden. „Wir brauchen nicht allein eine bunte Vielfalt, wir brauchen insbesondere krautige Strukturen“, so Horstmann: Lebensraum zur Überwinterung von Insekten.

Fast alle Maßnahmen würden auf landwirtschaftlichen Nutzflächen durchgeführt. „Die stellen aber die Einkommensgrundlage für die landwirtschaftlichen Betriebe und ihre Familien dar“, so Horstmann weiter. Landwirtschaftliche Flächen würden immer knapper. Die Umsetzung von Natur- und Artenschutzmaßnamen bedeute regelmäßig einen Ertragsverlust und damit auch einen Einkommensverlust.

 Klaus Horstmann sprach zum Thema Biodiversität.

Klaus Horstmann sprach zum Thema Biodiversität.

Foto: Helmut Scheffler

Während der längeren Diskussion, die vom Pfarrer Helmut Joppien geleitet wurde, bewerteten die meisten der etwa 30 Teilnehmer es als fair, wenn die Gesellschaft die Landwirte in die Umsetzung von Maßnahmen einbinde und sie fachlich und finanziell unterstütze, damit sie davon profitierten. „Kooperativer Naturschutz lebt vom Geben und Nehmen“, befand Klaus Horstmann. Wenn Landwirte Beiträge zur Verbesserung der Biodiversität als Leistungen für die Gesellschaft erbrächten, dann müssten sie auch angemessen dafür entlohnt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort