Kommentar: Unsere Woche Verblüffende Fälle und Gedankenspiele rund ums Elektroauto

Meinung · Der Ausbau der Elektromobilität ist wie ein kleines Kind, das beim Laufen über die eigenen Beine stolpert, weil es sich beim Losstürmen noch nicht so ganz im Klaren war, mit welcher Geschwindigkeit es eigentlich in welche Richtung wollte.

 Bei der Elektromobilität gibt es so manches Hindernis, das genommen werden will (Symbolfoto).

Bei der Elektromobilität gibt es so manches Hindernis, das genommen werden will (Symbolfoto).

Foto: dpa/Martin Gerten

Beobachten kann man das vor der eigenen Haustür.

In Spellen bekam ein Unternehmer Post vom Landeseichamt mit der Information, die E-Ladestation, die er betreibe, sei höchstwahrscheinlich gar nicht eichrechtskonform. Was vor allem deshalb verwundert, weil es diese Ladestation noch gar nicht gibt. Was wiederum daran liegt, dass der Hersteller das fragliche Modell mangels eichrechtlicher Abnahme noch gar nicht liefern konnte.

Das ist kein kurioser Einzelfall: Es steht für viele andere. Alle Betreiber von E-Ladesäulen in NRW wurden angeschrieben, teilt das Landeswirtschaftsministerium mit. Und weitere Empfänger werden darüber verblüfft sein, weil sie noch auf ihre Anlagen warten.

Dass man im Ministerium von einem Engpass bei der Abnahme der Säulen nichts weiß – nun ja. Vielleicht betrifft das Problem ja nur ausgewählte Hersteller. Vielleicht ist aber auch bloß noch nicht bis zu den Behörden durchgesickert, dass es hier und dort eng wird, weil zunächst die Wirtschaft selbst zuständig ist. Das Land hat die Produzenten von E-Ladesäulen nämlich Anfang des Jahres aufgefordert, sich zertifizieren zu lassen, um die sogenannte „Konformitätsbewertung“ selbst und ohne Eichamt durchführen zu können. Derzeit, so heißt es, gebe es in Nordrhein-Westfalen zwei zertifizierte Hersteller.

So oder so: Es scheitert jedenfalls nicht am Willen der Beteiligten. In diesem Fall haben Bundes- und Landespolitik, Hersteller und Betreiber weitestgehend die gleichen Ziele. Es geht nur alles etwas durcheinander: Da überschneiden sich Behördenvorgänge, da werden Vorschriften angepasst und Ziele gesetzt, und die Praxis kommt nicht hinterher.

So zeigt sich im Kleinen, wo es im Großen hakt. Umgekehrt macht man sich in Dinslaken, Voerde und Hünxe Gedanken darüber, welcher Weg in Sachen E-Mobilität überhaupt sinnvoll wäre. Die FDP in Dinslaken zum Beispiel stellt den Sinn von Elektroautos infrage. Sie verweist auf Umweltprobleme, etwa durch die Lithiumgewinnung für die Batterien.

Moderne Elektroautos stehen in der Umweltbilanz unterm Strich – mit Herstellung, Wartung und Betrieb – klar besser da als vergleichbare Benziner oder Diesel-Modelle. Den Anstoß, sich etwas klarzumachen, darf man aber annehmen: Elektroautos sind kein Naturschutzprojekt. Sie sind nur weniger schlimm. Ersetzt ein E-Auto ein gleich großes oder größeres Fahrzeug mit Verbrennungsmotor, ist das gut. Ersetzt es Fahrten mit dem Fahrrad oder dem Öffentlichen Nahverkehr, ist das schlecht.

Richtig ärgerliche Elektromobile sind daher übrigens E-Scooter. Die batteriebetriebenen Tretroller dürften nämlich vor allem eine der umweltfreundlichsten Fortbewegungsarten ersetzen, auf die der Mensch kommen konnte: das Laufen zu Fuß.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

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sina.zehrfeld@rheinische-post.de

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