Unsere Woche „Sicherer Hafen“ – es geht vor allem um die Botschaft

Meinung · Dinslaken könnte „Sicherer Hafen“ werden für Geflüchtete, die aus Seenot gerettet wurden. Das heißt: Freiwillig Menschen aufnehmen, über das Soll hinaus. Dieser Vorschlag steht im Raum.

 Syrische Flüchtlinge beim Anlanden auf der griechischen Insel Lesbos.

Syrische Flüchtlinge beim Anlanden auf der griechischen Insel Lesbos.

Foto: AP/Petros Giannakouris

Vielleicht gehören Sie zu denjenigen, die die Idee richtig finden. Die sie als kleines Aufbegehren gegen große Missständen sehen. Oder vielleicht gehören Sie zu denen, denen der Vorstoß nicht geheuer ist. Womöglich wegen diffuser oder konkreter Ängste. Oder auch, weil Sie weder eine Verpflichtung dazu sehen noch einen Sinn darin. Oder sie gehören zu denen, die schon die Seenotrettung ablehnen.

So oder so: Ob Dinslaken „sicherer Hafen“ wird oder nicht – ganz konkret und in Ihrem Leben wird das für Sie nichts ändern. Ob in der Fliehburg 400 Leute leben oder 420 oder 450, den Unterschied merken Sie nicht. Hünxe hat im ersten Halbjahr zwölf Menschen mehr aufgenommen als laut Verteilungsschlüssel vorgesehen: 81 statt 69. Das macht die Gemeinde umstandslos nebenbei; die Lage sei entspannt, heißt es.

Man muss sich das klarmachen, um angemessen über den Vorschlag zu diskutieren. Es geht hier nicht darum, was die Idee des „Sicheren Hafens“ für den oder die einzelne Dinslakenerin praktisch bedeutet. Es geht auch nicht darum, jemanden zu „retten“ – gerettet sind die Leute ja schon, wenn sie irgendwo unterkommen müssen. Sondern: Es geht ums Prinzip, es geht um ein Zeichen.

Das Sterben im Mittelmeer ist ein Armutszeugnis für Europa. Das Dublin-Abkommen zur Aufnahme von Asylsuchenden ist ungerecht. Ein Signal, das gegen diese Umstände gesetzt wird, prangert die Missstände an und erklärt Bereitschaft zur Veränderung.

Wenn Menschen aufgegriffen werden, dann müssen sie irgendwo hin. Kommunen, die sich zu „Sicheren Häfen“ ernennen, erkennen das an.

Oft wird ins Feld geführt, dass die Flüchtenden sich selbst bewusst in Gefahr bringen. Das stimmt, aber was soll daraus geschlussfolgert werden? Dass Tod und Seenot eine Art „Erpressung“ darstellen, und dass das nicht in Ordnung ist? Umgekehrt gedacht: Wie müssen Lebensverhältnisse wohl sein, damit man so ein Wagnis eingeht? Menschen gedanklich vorzuwerfen, dass sie das Ertrinken riskieren, weil man dadurch zum Handeln gezwungen ist, ist verfehlt. Ein Argument ist auch, dass man „nicht alle retten“ könne. Aber da in Dinslaken derzeit gerade die Rede von bis zu 50 Menschen ist, erwartet das auch niemand.

Dinslaken ist Fair-Trade-Stadt. Das ist eigentlich ein Plädoyer dafür, weltweite Zusammenhänge nicht zu leugnen und Verantwortung zu sehen, die über die eigene Region hinausgeht. Ein „Sicherer Hafen“ zu werden, würde dazu passen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie an
sina.zehrfeld@rheinische-post.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort