Kommentar: Unsere Woche Einweg-Plastik ist gar nicht so billig, wie es aussieht

Meinung · Einweggeschirr muss man nicht spülen. Es wird nicht geklaut, und es lässt sich im Streitfall, falls bei einem Partybesucher die Laune umschlagen sollte, meist schwerlich als Waffe einsetzen. Das klingt alles ganz gut – ist es aber nicht.

 Ein Auslaufmodell: Einweggeschirr und -besteck

Ein Auslaufmodell: Einweggeschirr und -besteck

Foto: Koop

Jedenfalls nicht unterm Strich.

Über Plastik- und sonstiges Einweggeschirr auf Veranstaltungen wird derzeit diskutiert. Dabei werden unvermeidlich Rechnungen aufgemacht werden. Es wird um den Energieverbrauch bei Spülvorgängen gehen, um Kosten für Anschaffungen von Mehrweggeschirr, um Verschleiß, um den Sinn kompostierbarer Verbrauchsgegenstände. Vor allem wird man über höheren Aufwand sprechen.

Das ist gut so, es soll nachgedacht, gerechnet und debattiert werden. Aber dabei gilt: Wir sollten über das nächste Fest hinaus denken, und wir sollten höhere Ziele im Blick behalten. Und wenn uns dann nichts anderes einfällt, als massenhaft beim billigen Einweg-Plastik zu bleiben, haben wir nicht lang genug überlegt.

Einweggeschirr zu benutzen bedeutet: einen Berg von Müll produzieren. Müll, der praktisch nur für die Karriere als Müll in die Welt geworfen wird. Für den möglichst billigen zehnminütigen Gebrauch werden Energie und Rohstoffe eingesetzt, anschließend muss alles entsorgt werden. Diese Herangehensweise ist grundsätzlich unerfreulich und nicht mehr zeitgemäß.

Sicher kann man auch mit anderen Lösungen alles besser und schlechter machen. Man kann Mehrweggeschirr aus zweifelhafter Produktion mit den denkbar umweltschädlichsten Reinigungsmitteln und mit Strom auf Basis fossiler Brennstoffe spülen und dabei jeden zweiten Teller zerdeppern. Das wäre beispielsweise ein abschreckendes Szenario.

Wahrscheinlich läuft es so aber nicht. Tatsächlich gelingen Umstellungen auf Mehrweg- oder andere umweltfreundlichere Systeme meistens bemerkenswert reibungslos.

Heute ist man es gewöhnt, den Punsch auf dem Weihnachtsmarkt im Tonbecher gereicht zu bekommen. Pappe sieht man auch noch oft, aber irritiert wäre man über einen Styroporbecher. Früher gab es die an allen Ecken für Heißgetränke, das vermisst sicher niemand. Heute werden gebratene Pilze in der essbaren Waffelschale kre­denzt, Crêpes auf der Waffel-Unterlage – nicht immer, aber üblich ist das durchaus schon. Es kommt eben darauf an, ob Standbetreiber und Verantwortliche darauf Wert legen oder nicht.

Durch den Gewöhnungseffekt werden diese und andere innovative Lösungen jedenfalls immer selbstverständlicher, günstiger, einfacher. Von den Erfahrungen, die sich von Veranstaltung zu Veranstaltung gewinnen lassen, profitieren die Stadt, Nachbarstädte, und schlussendlich auch Organisatoren und Planerinnen kleinerer Festivitäten.

Verantwortliche müssen zwar spezielle Umstände berücksichtigen. Nicht immer sind beispielsweise Glas und Keramik angesagt. Bei vielen Konzerten oder Karnevalszügen etwa verzichtet man aus gutem Grund darauf. Aber „Mehrweg“ ist auch dann möglich.

Am wenigsten sollte das Argument gelten, Plastik sei unterm Strich weniger teuer. Denn dazu muss man immer die Rechnung aufmachen, was es die Umwelt und damit auch den Menschen kostet, mit günstigem Plastik um sich zu werfen. Jede Veranstaltung, die das einschränkt, hat nicht nur direkt eine positive Wirkung. Durch den Gewöhnungseffekt prägt sie indirekt mit, was alle Besucher und andere Verstaltungsteams auf Dauer für normal und vernünftig halten.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie an
sina.zehrfeld@rheinische-post.de

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