Dinslaken Karnevalisten auf Sammeltour

Dinslaken · Reportage AM Montag Die Karnevalsgesellschaft "We sind wer dor" feierte mit dem 55-jährigen Jubiläum die Neuerfindung ihres Karnevalszuges. Statt Kamelle zu schmeißen, sammelten die Eppinghovener Lebensmittel.

Die Stimmung in der kleinen Gruppe am Hof Bellingröhr kann nicht besser sein. Nichts und niemand nimmt dem Dutzend Karnevalisten die gute Laune. Der ironische Zwischenruf eines Anwohners, "Das ist aber ein großer Umzug", überspielen sie einfach mit lauten Helau-Rufen. Als auch der letzte Wagen mit Jecken auf dem Hof angekommen ist und bei jedem das Kostüm richtig sitzt, macht sich der Trupp auf den Weg. Zwölf Frauen und Männer, ein Bollerwagen und eine Familie zur Begleitung brechen am frühen Samstagnachmittag mit einer besonderen Mission auf.

"So richtig haben wir gar keinen Plan", gibt der Bollerwagenlenker zu. Zu Verunsicherung führt das Geständnis aber nicht. Unbekümmert von jeglicher Planung ziehen die Eppinghovener Jecken des Karnevalsvereins "We sind wer dor" über die Rotbachstraße. Schon Tage vorher warfen sie den Anwohnern der umliegenden Straßen 1000 Flugblätter in die Briefkästen. Die Jecken kündigten ihr Kommen frühzeitig an, wollten sie doch möglichst viele Spenden sammeln. Egal ob Apfelsinen oder Heringsstipp aus der Dose, jede Art von Lebensmittel ist willkommen. Eigentlich ist es die genaue Umkehrung eines klassischen Umzuges. Statt Kamelle zu werfen, sammelt der Verein Lebensmittel ein, um diese der Dinslakener Tafel zu spenden.

Traditionsbewusstes Jubiläum

Wann der Verein zum letzten Mal einen Umzug veranstaltet hat, kann niemand so genau sagen, aber "es war bestimmt vor über 30 Jahren". 1957 gab es in Eppinghoven den ersten Rosenmontagszug. Damals wurden Eier, Mehl und Mettwurst gesammelt, die am Folgetag zu Mettwurstpfannekuchen verarbeitet wurden. Dieses Jahr, also 55 Jahre nach Gründung des Vereins, ziehen sie wieder durch die Straßen. "Wir wollen die Traditionen wahren, aber die Lebensmittel spenden", erklärt ein Harlekin die Idee.

Er und sein Partner gehen vorneweg und klingeln die Anwohner aus den Häusern. Mit Glöckchen am Stab und an der Mütze ziehen sie die Aufmerksamkeit sofort auf sich. Und tatsächlich treten viele Eppinghovener auf die Straße und loben bewundern das Durchhaltevermögen des Vereins. Im Laufe der Zeit schließen sich immer mehr Familien und Kurzentschlossene dem Umzug an, so dass aus dem kleinen Grüppchen vom Anfang, später ein beachtenswertes Aufgebot an Jecken geworden ist. Mit der großen Resonanz hat niemand gerechnet. Ganze Autoladungen voller Spenden karren die Eppinghovener Narren weg. Ein Bollerwagen reicht da längst nicht mehr. "Jetzt wollen wir jedes Jahr Gutes tun", hofft man in Eppinghoven auf eine neue lange Tradition.

(RP)
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