Spaziergänger findet Welpen im Wald bei Hünxe am Niederrhein Junger Hund ist plötzlich ein Wolf
Niederrhein · Ein Spaziergänger findet in Hünxe ein Jungtier und dachte es sei ein Hundewelpe. Doch der Tierarzt stellte fest: Es ist ein Wolf. Nachwuchs von Niederrheinwölfin Gloria.
Stell dir vor, du findest im Wald einen Welpen und es stellt sich wenig später heraus, dass es sich dabei um Nachwuchs von einem Wolf handelt. Genau das ist Ende Juni am Niederrhein passiert, wo der Kreis Wesel und Teile des Kreises Kleve zu einem Wolfsgebiet gehören. Denn in Hünxe, mitten in dem Gebiet, in dem auch die Niederrhein-Wölfin Gloria lebt, hat ein Spaziergänger den Wolfsnachwuchs entdeckt, wie Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamtes für Natur und Umweltschutz (Lanuv) bestätigt. Der Fall wurde erst jetzt öffentlich.
Der Finder wusch das kleine niedliche Tier erst einmal, weil es völlig verdreckt war. Er habe den Nachwuchs wohl für einen Schäferhund gehalten, heißt es. Der Welpe sei zu einem Tierarzt gebracht worden, weil er eine kleine Verletzung am Ohr hatte. Der Veterinär versorgte das Tier, die Wunde sei unbedeutend gewesen. Allerdings stellte der Arzt schnell fest, dass es sich nicht um den Nachwuchs eines Hundes handelt. Er verständigte die Naturschutzbehörde des Kreises Wesel, der wiederum Kontakt zum Lanuv aufnahm. Daraufhin wurden Bilder des Welpen ausgetauscht. Das Lanuv stellte fest: Es handelt sich tatsächlich um einen Wolf. Diese Einschätzung wurde von den Experten der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) bestätigt. „Daraufhin musste alles ganz schnell gehen. Denn Wölfe müssen in der Freiheit bleiben und sollen möglichst wenig Kontakt zu Menschen haben“, erläutert Deitermann. Innerhalb kurzer Zeit wurde das Tier daher wieder an der Stelle ausgesetzt, an der es gefunden worden war.
Deitermann geht davon aus, dass der Welpe höchstens ein paar Stunden außerhalb des Waldes war. „Die Experten rechnen nicht damit, dass das Tier Schaden durch den Vorfall davongetragen hat.“ Dazu sei der Kontakt zu den Menschen wohl zu kurz gewesen. Man gehe nicht davon aus, dass der kleine Wolf sich schon an Menschen gewöhnt habe und ihnen daher künftig nahe kommt. Es sei eher wahrscheinlich, dass das Tier durch diesen Vorfall Angst vor den Menschen bekommen hat und ihnen künftig erst recht aus dem Weg geht.
Durch den Fund des Welpen steht jetzt aber endgültig zweifelsfrei fest, dass Wölfin Gloria Nachwuchs hat. Denn der Tierarzt habe dem Jungtier Haare entnommen. Anhand der DNA sei festgestellt worden, dass es sich um einen Welpen von Gloria handelt. Der Nachwuchs ist weiblich.
Da Wolfswelpen einen ausgeprägten Eigengeruch und die Elterntiere über einen hervorragenden Geruchssinn verfügen, besteht nach Einschätzung von Lanuv und DBBW die Aussicht, dass der Welpe von den Eltern gefunden und versorgt wurde.
Dass ein Spaziergänger einen Wolfswelpen mit einem jungen Hund verwechselt, wundert Monika Westerhoff-Boland vom Biotopwildpark Anholter Schweiz nicht. „Für den Laien sind die Tiere nur schwer zu unterscheiden“, sagt sie. In Anholt haben die Wölfe im Wildpark bereits häufiger Nachwuchs bekommen. Inzwischen gibt es aber keine Welpen mehr. „Denn es ist kaum möglich, sie an andere Tierparks zu vermitteln“, sagt Monika Westerhoff-Boland.
Dass beim Fall in Hünxe die Mutter nicht eingegriffen habe, als ihr Welpe mitgenommen wurde, sei durchaus normal. „Eine Wölfin ist sehr scheu. Sie passt zwar genau auf den Nachwuchs auf, lässt ihn aber bei Gefahr zurück, weil sie sich selbst für den nächsten Wurf wolle.
Ob das Jungtier zu lange Kontakt zum Menschen hatte und jetzt wieder von der Mutter angenommen werde, könne sie aus der Entfernung nicht beurteilen. „Die Wolfswelpen bei uns haben wir immer nur ganz vorsichtig mit Handschuhen angefasst und sie mit Gras eingerieben bevor sie zurück in das Gehege kamen“, berichtet Monika Westerhoff-Boland. Sie könne nur hoffen, dass die Verantwortlichen genau beobachten, ob der Welpe auch wieder zur Wölfin zurückgekommen ist.
Niederrheinwölfin Gloria hatte im vergangenen Jahr zum ersten Mal Nachwuchs, einen männlichen Welpen. Vom Gebiet am rechten Niederrhein hat sich der junge Wolfsrüde im Frühjahr auf den Weg Richtung Westen gemacht. Er wurde nämlich im April mehrfach im belgischen Flandern nachgewiesen und später im niederländischen Nord-Brabant, das recht nah am Kreis Kleve liegt. „Wölfe verlassen bis spätestens dem Ende des zweiten Lebensjahres das elterliche Rudel und wandern dann weit umher, zum Teil mehrere hundert Kilometer weit“, so das Lanuv. Eine Nachricht, die bei den Schäfern im Kreis Kleve für Verunsicherung sorgen dürfte. Denn hier gab es immer wieder die Sorge, dass Nachwuchs von Gloria auch über den Rhein kommen könnte. Das ist jetzt definitiv geschehen.
Das Lanuv warnt davor, Wölfe zu füttern. Menschen sollten unbedingt jeden Kontakt zu ihnen meiden, damit sie sich nicht an sie gewöhnen und dann möglicherweise zur Gefahr werden.