Jazz aus Dinslaken Dem Panda auf der Spur

Dinslaken · Eine Tournee mit dem Trio Getier nach Malaysia, dann eine kreative Auszeit in Berlin, weitere Live-Konzerte und eine neue CD. Maika Küster, Dinslakener Sängerin des Jazz-Quartetts Der weise Panda, hat sich für 2019 viel vorgenommen.

 Die Dinslakener Jazz-Sängerin Maika Küster hat sich für dieses Jahr viel vorgenommen – nicht nur mit ihrem Quartett Der weise Panda.

Die Dinslakener Jazz-Sängerin Maika Küster hat sich für dieses Jahr viel vorgenommen – nicht nur mit ihrem Quartett Der weise Panda.

Foto: Martin Büttner

Große Pandas halten keine Winterruhe. Im Gegensatz zu anderen Bärenarten wandern sie während der kalten Jahreszeit in tiefer gelegene Regionen. Maika Küster zieht es nach Malaysia. Vom 20. Bis 29. Februar wird die Dinslakener Sängerin der Jazz-Formation Der weise Panda in der Hauptstadt Kuala Lumpur fünf Konzerte geben. Bassist Yannik Tiemann, Pianist Felix Hauptmann und Schlagzeuger Jo Beyer werden sie nicht begleiten. Der Panda  bleibt im deutschen Winter. Die Tour unternimmt Maika Küster mit dem Essener Elektro-Pop-Trio Getier.

Küster hat Benedikt ter Braak, klassischer Pianist aus Langscheid im Sauerland, und Misagh Azimi, Produzent und Komponist aus Teheran, an der Folkwangschule in Essen kennen gelernt, wo sie in diesem Jahr ihren Abschluss gemacht hat. Die drei taten sich zusammen, probierten aus, harmonierten miteinander. Ein neues Projekt war geboren. 2018 gaben sie einige Clubkonzerte, nahmen eine Single auf, drehten ein Musikvideo. 2019 sollen eine EP folgen und weitere Konzerte. Für Kuala Lumpur plant das Trio neben den Auftritten auch einen Workshop an der Hochschule der Millionenmetropole.

Warum dieses Projekt? Was hat Getier, das Der weise Panda nicht hat? „Getier macht völlig andere Musik“, sagt Maika Küster. „Das ist weiter weg vom Jazz. Der Fokus liegt nicht wie beim Panda auf der Freude an der improvisatorischen Fortbewegung. Es geht mehr um elektronische Sounds und Genusseffekte.“ Die Sängerin steuert sie am Synthesizer bei. Und mit ihrer Stimme.  Zart, sehr zart tut sie das, gerade so, als ginge es darum, einen fragilen elektronischen Organismus mit einem Elixier zu versorgen, der ihn rhythmisch atmen, summen, leise zittern, vibrieren und schließlich beben lässt.

Die Malaysia-Tour hätte die 25-Jährige auch gern mit dem Panda unternommen. Aber es war nun mal Misagh Azimi, der den Kontakt dorthin hergestellt hat. Der Getier-Produzent hat an der dortigen Hochschule studiert. Ein paar Anrufe, ein paar E-Mails und die Sache stand. Für Maika Küster schließt sich mit dieser Tour ein Kreis. Sie kennt Malaysia gut. Hat das Land als Kind und Jugendliche mehrere Male mit ihrer im vergangenen August verstorbenen Mutter Karina Hubrich besucht. Die Künstlerin hat regelmäßig in verschiedenen Galerien in Kuala Lumpur ausgestellt. Ihre Reisen dorthin waren immer auch Reisen ins Licht. Karina Hubrich liebte Malaysia. Sie liebte die Harmonie, die das Land auf sie ausstrahlte, das Unberührte, Friedvolle, erzählt Maika Küster. „Wir hatten dort immer eine sehr schöne Zeit.“ Die Sängerin ist kein Typ, der sich in nostalgischen Schwärmereien verliert. „Ich freue ich auch auf Malaysia, weil sich dort nun ein neuer Kreis öffnet.“ Sie ist gespannt auf die Metropole, in der die Temperaturen auch im Februar schon mal an der 33-Grad-Marke kratzen, ist neugierig auf die Menschen dort, auf neue Kontakte zu Musikern, die möglicherweise Türen zu neuen Projekten aufstoßen.

Und dann lächelt sie und gibt dem Bären Bambus. „Der weise Panda ist mir wichtiger denn je. Wir haben intensive Zeiten im Studio erlebt. Jetzt habe ich eine Vision von der Band. Ich habe herausgefunden, wo die Reise hingeht.“ Vor drei Jahren war dies noch anders. Der Zufall habe die Musik mitkreiert. Alle haben alles gegeben, alles war sehr kraftvoll, alle hatten ihren Spaß. „Aber wir hatten oftmals kein klares Ziel und keine Vorstellung von dem, wohin wir wollen. Jetzt haben wir den Mut zur Reduktion, Dinge wegzulassen. Der Sound ist konstruktiver geworden. Weil wir besser geworden sind, können wir klarer entscheiden, was gut ist.“

Das Publikum hat diese Weiterentwicklung im Dezember im Ledigenheim Lohberg beim Weihnachtskonzert der Jazz Initiative Dinslaken beobachten können. 2015 trat Der weise Panda dort erstmals auf. Ein schönes Konzert mit positivem Feedback, erinnert sich Maika Küster. „Der Panda war immer ein beliebtes Tierchen. Es kam immer etwas zurück. Die Musik trifft den Ton und den Geschmack.“ Jetzt kam mehr zurück. Good vibrations, positives Staunen, in das sich anerkennender Applaus mischte. Das Publikum war von der Spielfreude, den Ideen und dem Können der vier jungen Musiker begeistert. Es erlebte ein Quartett, das den vor Jahren eingeschlagenen Weg  konsequent weitergegangen ist – hin zu komplexeren Strukturen, zu mehr Melancholie, Zerbrechlichkeit und ungestümer Wildheit. Der Panda ist erwachsen geworden. Das war an diesem Abend deutlich spürbar.

Auch Maika Küster ist erwachsen geworden. Die Sängerin ist ein Profi, der sich auf der Bühne souverän bewegt und die Band dirigiert, ohne darum viel Aufhebens zu machen. Sie hat im vergangenen Jahr viel Spielerfahrung gesammelt, sie weiß genau, auf welchen Bühnen der Panda gut funktioniert. In Hamburg, Essen, Köln, Rostock, Trier, Ulm, Moers, Aachen und einigen anderen Städten hat es die Band bewiesen. Auch Preise gab’s. Im November holte der Panda beim Junger Münchener Jazzpreis den dritten Platz. Beim Jazzfestival in Avignon wurde das Quartett im September mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. Maika Küster war auch solo aktiv. Bei einer Produktion des Helios Theaters in Hamm wirkte sie live auf der Bühne mit.

An diese Erfolge will sie 2019 anknüpfen. Nach der Malaysia-Tour mit Getier verordnet sich die 25-Jährige jedoch zunächst einmal eine kleine Auszeit. Die Sängerin geht im Februar für vier Monate nach Berlin. Sie kennt dort viele Musiker, ist überzeugt davon, dass ihr die Nähe zu diesen Menschen gut tut. Und sie möchte das eine oder andere ausprobieren. Sie ist auf der Suche nach Inspiration und Kommunikation, nach Selbstfindung. Auch das Wort „Muße“ fällt. Zur Ruhe kommen will sie. Ob ausgerechnet Berlin der richtige Ort dafür ist? „Ich will ja nicht in Berlin bleiben“, sagt Maika Küster. „Die Stadt ist hip, würde mich auf Dauer aber zu sehr ablenken. Das kann dann sehr stressig sein.“

Weitere Pläne? Im April wird Der weise Panda bei der Messe Jazzahead in Bremen die deutsche Bühne bespielen. „Das ist der wichtigste Treffpunkt für die internationale Jazzszene“, sagt Maika Küster. „Ich freue mich drauf.“ Noch mehr freut sie sich auf die zweite Panda-CD, die Ende 2019 erscheinen soll. Drei Titel sind bereits abgemischt. Darunter auch „So fragile“, eine Komposition die sie für ihre verstorbene Mutter geschrieben hat. „Ich habe auch früher viel für Mama gesungen, es war eine Art Vorbereitung für den Moment, in dem sie aus dem Koma erwachen würde. Jetzt ist sie beim Singen immer bei mir, allerdings ganz anders, als ich es erhofft hatte.“

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