Unsere Woche In der Schulpolitik gehen Schnellschüsse nach hinten los

Dinslaken · Warum die Schwierigkeiten der Sekundarschule vor allem in der Hektik begründet sind, mit der sie auf den Weg gebracht wurde und warum die Verantwortung dafür in erster Linie die Schuldezernentin trägt.

Zugegeben, Schulpolitik ist ein weites und vor allem schwieriges Feld. Wenn aber Schuldezernentin Christa Janke-Horstmann jetzt im Schulausschuss davon spricht, dass es in Sachen Sekundarschule keinen Grund zur Euphorie gibt, dann darf man das wohl mit Fug als Untertreibung des Jahres werten. Offenbar wird die Schule nicht in dem Maße angenommen wie erhofft, konstatiert die Beigeordnete. Ach was. Die Schule, machen wir uns nichts vor, steht mit dem Rücken zur Wand oder, um mal den Lieblingssatz zu benutzen, mit dem Altkanzler Konrad Adenauer, brenzlige Lagen zu beschreiben pflegte: "Die Situation ist da". Und das ist dann gemeinhin der Augenblick, in dem diejenigen, die für die Situation verantwortlich sind, ganz energisch in die Zukunft blicken, damit bloß nicht jemand auf die Idee komme, nach der Vergangenheit zu fragen. Blöd nur, dass die Vergangenheit im Falle der Sekundarschule soweit nicht zurückliegt. Die Diskussion um die Errichtung der Schule, die inzwischen, was die Dinge allerdings auch nicht besser macht, nach Dinslakens großem Bildungsreformer Friedrich Althoff benannt ist, haben Politik und Verwaltung 2011 geführt. Ein Jahr später ist sie an den Start gegangen. Da reicht selbst ein nicht allzu ausgeprägtes Gedächtnis, sich an die Anfänge zu erinnern. Zutage kommt dabei eine Diskussion und Beschlussfassung, die voller Hektik und in atemberaubendem Tempo vorangetrieben worden ist. Selbst bei oberflächlichem Graben in der Erinnerung stößt man beispielsweise auf die Warnung der damaligen grünen Ratsmitglieder Helga Franzkowiak, Rüdiger Schulte-Braucks und Leonhard Trenz, die einen Beschluss über die Sekundarschule im Dezember 2011 als "zum jetzigen Zeitpunkt unverantwortlich" bezeichneten, weil die Daten und Fakten nicht hinreichend geklärt seien. Es finden sich beispielsweise auch jede Menge Stellungnahmen und Mahnungen der Linken, die erhebliche Zweifel daran zum Ausdruck brachten, wie Dinslakens Schulverwaltung die Ergebnisse der Elternbefragung in Richtung Sekundarschule interpretierte und stattdessen vorschlugen, aus dem Hiesfelder Schulzentrum eine zweite Gesamtschule zu machen. Vor allem aber verbindet sich die Erinnerung an die Anfänge der Sekundarschule mit einem Namen. Mit dem Namen Christa Jahnke-Horstmann. Die Schuldezernentin hat - unterstützt von Bürgermeister Dr. Michael Heidinger - alles daran gesetzt, eine Sekundarschule nach Dinslaken zu holen. Sie hat ihren Willen bekommen. Dinslaken hat dafür mit Millionen-Investitionen in den Um- und Ausbau der alten Volkspark-Hauptschule zur Friedrich-Althoff-Schule einen hohen Preis gezahlt. Ob der gerechtfertigt war, ist zweifelhaft. Ob die Schule und wenn ja wie gerettet werden kann, ist offen. Eines muss aber schon jetzt klar sein. Schnellschüsse in der Bildungspolitik bergen die große Gefahr in sich, nach hinten loszugehen. In Sachen Sekundarschule hatte die Dezernentin eindeutig den Finger zu schnell am Abzug. Gelernt hat sie daraus offenbar nicht so ganz viel. Sonst wäre sie nicht mit dem inzwischen erfreulicherweise gestoppten Vorschlag um die Ecke gekommen, die Aufnahmekapazität der Realschule zu deckeln, um so der Sekundarschule Schüler zuzutreiben. Jetzt also soll ein Experte von außen den Dinslakener Schulentwicklungsplan für die Sekundarschule fortschreiben.

Bleibt nur zu hoffen, dass zumindest die Politikmehrheit, die der Dezernentin in Sachen Sekundarschule gefolgt ist, ihre Lektion gelernt hat. In der Schulpolitik muss man sich Zeit nehmen, wenn am Ende etwas Kluges dabei herauskommen soll.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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