Hünxe Hünxer Kanalbrücke ist nicht mehr

Hünxe · Ein Wochenende hat es gedauert, um die Brücke über den Wesel-Datteln-Kanal in Hünxe abzureißen. Die seit Monaten gesperrte Überführung wurde mit Baggern eingerissen, die heruntergefallenen Teile anschließend wieder aus dem Wasser gefischt.

Regen breitet sich am Samstagmittag über Hünxe aus. Dicke Tropfen prasseln aus den dunklen Wolken herab. Bei diesem Wetter könnten Familien es sich zu Hause in aller Ruhe gemütlich machen, Gesellschaftsspiele spielen oder mit den Großeltern Kaffee trinken. Aber nein, die Großeltern kommen lieber gleich mit zu dem Samstagsausflug der etwas anderen Art, bei Aprilwetter mitten im Juni. Zur Kanalbrücke zieht es die Hünxer gleich in Scharen. Im Ostfriesennerz eingepackt oder mit Regenschirm bewaffnet, stehen ganze Familien da und beobachten das Spektakel.

Einen Umweg fahren

Jetzt wird die marode Hünxer Kanalbrücke endgültig abgerissen. Das Bauwerk, das über den Wesel-Datteln-Kanal führt und Bestandteil der L 1 (Dinslakener Straße) ist, ist bereits seit Monaten komplett gesperrt. Für Autos, Lastwagen, Fußgänger und Radfahrer gilt es seither, einen großen Umweg in Kauf zu nehmen, um von Hünxe nach Drevenack oder Krudenburg zu kommen.

Eine Brücke abzureißen, das kann eine gewisse Symbolik haben. Überwundene Feindschaften werden wieder aufgerissen, eine Vereinigung wieder aufgehoben — egal auf welcher Seite der Brücke man steht, es bleibt etwas Negatives. Oder zumindest ein Hauch von Wehmut. Eine Mutter fragt ihren Sohn: "Kannst Du dir vorstellen, dass die Brücke heute Morgen noch ganz war?" "Nein." "Ich schon", sagt sie, als spräche sie von früher. Früher, als es die Brücke zwischen Hünxe und Drevenack noch gab. Ohnehin erwecken die Zuschauen den Eindruck, sehr andächtig zu sein. Stillschweigend beobachtet eine Gruppe Jugendlicher die Abrissarbeiten. Als sich einer von ihnen auf einem Geländer aufstützt und gleichzeitig der Bagger mit dem Presslufthammer-Aufsatz anfängt zu arbeiten, erschrickt er und fährt hoch. Nicht wegen der Lautstärke, sondern vor allem, weil das Geländer wackelt.

Die Arbeiter des Abrissunternehmens haben die Brücke inzwischen in der Mitte durchgeschnitten und hacken jetzt von jeder Seite aus mit je zwei Baggern Teile von dem Rohbau der Brücke ab. So arbeiten sie sich von der Mitte aus zurück. Die Stücke, die von den Baggern kaputtgeschlagen werden, fallen dann ins Wasser. Die Teile, zig Tonnen Stahl und Stein, werden mit Schwimmbaggern ausgehoben und abtransportiert. Wieder hat einer der Bagger einen riesigen Brocken von der Brücke abgeschlagen. Das Stück sieht aus, als hätte es jemand mit dem Buttermesser abgeschnitten, so gerade liegt es da und ragt aus dem Wasser heraus. "Das ist das einzige, was so nicht geplant war", berichtet Jens Hergemöller von der ausführenden Baufirma Schäfer-Bauten. Ansonsten läuft alles nach Plan.

"Endlich ist mal was los"

Ein bisschen später, am frühen Nachmittag zeigt sich endlich die Sonne am Himmel. Ein Grund mehr offensichtlich für viele Schaulustige, zum Brückenabriss zu pilgern. "Endlich ist mal was los im Dorf", sagt eine Dame. Familien kommen jetzt auf Fahrrädern angeradelt und machen Fotos: vom Abriss oder von sich selbst vor der eingerissenen Brücke. Etliche schauen dem Spektakel stundenlang gebannt zu.

Was allerdings stört, ist der viele Staub. Der Wind weht in Richtung Schleuse und damit den Schaulustigen direkt in die Augen. Auch auf dem Wasser setzt sich der Staub ab, weshalb es ganz hell wird. Der Teil des Kanals rund um die Brücke erscheint mit ein wenig Fantasie wie das Meer in der Karibik. Immer wieder kommen neue Besucher. In Spitzenzeiten stehen über 60 Menschen neben der Kanalbrücke. Hinter diesem Andrang steckt auch die Hoffnung, in absehbarer Zeit eine neue Brücke zu haben.

(RP)
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