Dinslaken Geisterfahrt als Mordversuch?

Dinslaken · Ein Rentner aus Voerde wollte sich im September 2010 umbringen. Mit seinem Auto fuhr er auf der A 3 entgegen der Fahrtrichtung, rammte einen Lkw und einen Pkw. Seit gestern muss er sich vor Gericht verantworten.

 Von diesem Rastplatz an der Autobahn A3 bog der Angeklagte entgegen der Fahrtrichtung Köln in Richtung Arnheim ab. Nach knapp zwei Kilometern rammte er erst einen Lkw ehe frontal mit einem Pkw zusammenstieß.

Von diesem Rastplatz an der Autobahn A3 bog der Angeklagte entgegen der Fahrtrichtung Köln in Richtung Arnheim ab. Nach knapp zwei Kilometern rammte er erst einen Lkw ehe frontal mit einem Pkw zusammenstieß.

Foto: Koster

Voerde/Duisburg Der 71-jährige Voerder wollte sterben. Am 16. September 2010 verließ er mit seinem Geländewagen den Rastplatz Elsholt an der Autobahn A3 bei Hamminkeln entgegen der Fahrtrichtung Köln. Nach knapp zwei Kilometern Geisterfahrt rammte er zunächst seitlich einen Lkw, ehe er frontal mit einem Pkw zusammenstieß. Wegen dieser Tat muss sich der Rentner seit gestern wegen versuchten Mordes und schwerer Gefährdung des Straßenverkehrs vor dem Duisburger Landgericht verantworten.

"Er hatte mit sich abgeschlossen"

Ein 52-jähriger Fernfahrer aus Wachtendonk hatte den Vorgang beobachtet. "Ich fuhr auf der Gegenfahrbahn, der richtigen Seite in Richtung Arnheim, habe versucht, ihm mit Hupen und Handzeichen verständlich zu machen, dass er schnell umdrehen soll", sagte der Zeuge. Der Angeklagte reagierte nicht, obwohl der Fernfahrer, der mit 85 Stundenkilometern konstant auf einer Höhe mit ihm blieb, weiter versuchte, ihn zum Drehen zu bewegen. "Nach einigen Hundert Metern hat er mich angesehen – der Mann war leer. Er hatte mit sich und dieser Welt abgeschlossen", berichtete der Fernfahrer.

Nach knapp zwei Kilometern – die ersten zwei Pkw und ein Lkw hatten dem Geisterfahrer noch ausweichen können – rammte er seitlich den Auflieger eines Sattelschleppers, der nicht mehr ausweichen konnte. Von dort prallte er in Richtung der Mittelleitplanke ab, wo er frontal mit einem Pkw kollidierte.

Die beiden Insassen des Pkw, zwei Taxifahrer aus den Niederlanden, überlebten leicht verletzt, beklagen aber psychische wie körperliche Spätfolgen. Der niederländische Fahrer des Sattelschleppers blieb unverletzt. Der Angeklagte hatte sich im Anschluss an die Kollision in seinem Auto eingeschlossen und ein blutverschmiertes Messer in die Höhe gehalten. Damit hatte er sich die Pulsadern aufgeschnitten und Stichwunden im Brustbereich zugefügt. Bei Eintreffen der Rettungskräfte war er bewusstlos, weshalb diese die Heckscheibe seines Autos einschlagen mussten, um ins Innere zu gelangen.

Der erste Verhandlungstag endete nach der Vernehmung von acht Zeugen mit einem Paukenschlag: Der Verteidiger des Angeklagten reichte einen Beweisantrag ein, nach dem sein Mandant sich bereits auf dem Rastplatz die Pulsadern aufgeschnitten habe. Da er unter hohem Blutdruck leide, der medikamentös behandelt wird, sei sein Gehirn in Kombination mit dem Blutverlust nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt worden – weshalb er die Steuerungsfähigkeit verloren habe. Sprich: Er sei nicht bewusst entgegen der Fahrtrichtung auf die Autobahn gefahren. Richter Schwartz stellte den Beweisantrag bis zum nächsten Verhandlungstermin zurück.

Fortsetzungen Am 27. Juni, 7. Juli, 11. Juli und 18. Juli soll weiter verhandelt werden. Beginn der Verhandlung am Montag, 27. Juni, ist um 9 Uhr in Saal 201. Die Sitzungen sind öffentlich.

(RP)
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