Unsere Woche Gärten in Steingrau: Anreize und Wettbewerbe retten keinen Ginsterstrauch

Es herrscht große Einigkeit: Geschotterte Gärten sind schlecht, bepflanzte Flächen sind gut. In immer mehr Kommunen werden „Steingärten“ verboten. In Dinslaken will das keiner, das versichern alle Seiten.

 Auch Schottergärten sind Geschmackssache (Symbolfoto).

Auch Schottergärten sind Geschmackssache (Symbolfoto).

Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Steingärten verhindern - ja! Aber nicht durch Vorschriften, und auf gar keinen Fall durch Verbote. Man will die Bürgerinnen und Bürger nicht bevormunden. Die Grünen sprechen von „Anreizen“ und „Förderungen“. Bei SPD und CDU fand man diese Stoßrichtung nicht ganz verkehrt. Wettbewerbe könne man ausrufen, lautet eine Idee.

Schön und gut. Keine Vorschriften zu wollen, das ist eine legitime und auch nachvollziehbare Haltung. Nur muss man sich klarmachen: Dann wird’s eben auch nichts mit der Vorgartenrettung. Denn was die nicht bevormundeten Bürger so tun, das ist ganz simpel geklärt: Diejenigen, die naturnahe Vorgärten wollen, die bepflanzen sie. Und diejenigen, die Schotterflächen wollen, schütten welche auf. Wettbewerbe und Anreizsysteme retten keinen einzigen welken Ginsterstrauch. Denn so etwas wird Leute, die eigentlich nichts dafür übrig haben, nicht dazu bewegen, sich doch lieber Jahr für Jahr mit Gartenbewässerung und Unkrautjäten herumzuplagen.

Die Vorstellung, man müsste die Leute nur „aufklären“ über die Bedeutung von begrünten Vorgärten, dann würden sie in Begeisterung zur Schaufel greifen, ist illusorisch. Und sie geht übrigens mehr als jedes Verbot von einer Unmündigkeit der Bürger aus. Nämlich davon, dass die Menschen ihre Grundstücke mehr oder weniger unüberlegt planieren würden.

Die Leute haben vernünftige Gründe. Sie wissen durchaus, dass Findlinge keinen Sauerstoff produzieren und Pflanzen sehr wohl. Aber sie brauchen zum Beispiel Parkplätze. Oder die Gartenarbeit wird ihnen zu viel. Oder, sie finden Steingärten einfach schön. Und Argumente, wie das Mikroklima in der Umgebung – Grünflächen sind in ihrer Masse kühlend – oder das Stadtbild, verfangen dann nicht besonders gut.

Wettbewerbe sind vergebene Liebesmühe, denn Preise gäbe es ja wohl für besonders liebevoll, bunt und insektenfreundlich gestalteten Gärten. Wer sich so eine Oase schafft, tut das aber, weil er oder sie dafür eine Leidenschaft hat. Jedenfalls ganz sicher nicht in der Hoffnung, dafür eines Tages ein Fleißkärtchen und etwas Geld zu bekommen.

Das „besonders Gute“ zu belohnen ist nett. Aber leider pure Geldverschwendung, wenn es darum geht, das besonders Schlechte zu verhindern. Da müsste man schon einen Preis ausloben für diejenigen, die besonders widerwillig gerade noch mal einen pflegeleichten Bodendecker einsetzen anstelle von Pflasterung. Das ist nämlich die Zielgruppe bei der Gartenrettung: Nicht die Naturfreunde müsste man gewinnen, sondern die Steingartenfreunde.

Am Ende steht die Frage, was das höhere Gut ist: Die Entscheidungsfreiheit von Grundstückseigentümern oder die Umweltaspekte rund um die Gartengestaltung. Um Schottergärten wirklich zu verhindern, sind Vorschriften nötig. Man muss das nicht wollen. Man kann Verbote ablehnen. Aber man sollte sich auch nicht vormachen, mit Anreizen und Förderung etwas Wirkungsvolles zu tun.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie an sina.zehrfeld@rheinische-post.de

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