Verlangte Bürgschaft wäre sittenwidrig Freibad: Ratsbeschluss rechtswidrig?

Dinslaken · Eine Bürgschaft über bis zu acht Millionen Euro verstoße gegen Vergaberecht und gute Sitten, sagt ein Jurist.

 Das Freibad Hiesfeld nach der Leerung des Beckens.

Das Freibad Hiesfeld nach der Leerung des Beckens.

Foto: Stadtwerke Dinslaken

Der Hiesfelder Freibadverein bittet die Politik und Bürgermeister Michael Heidinger, den jüngsten Ratsbeschluss zum Freibad Hiesfeld wieder aufzuheben. Nicht aus gutem Willen, sondern, weil diese Entscheidung schlicht rechtswidrig gewesen sei. Dazu legt der Verein eine anwaltliche Stellungnahme vor.

Es geht um die Vorgaben, die der Rat dem Freibadverein gemacht hat, um den Bau in Hiesfeld doch noch auf den Weg zu bringen. Wie berichtet, sollen die Aktiven unter anderem einen Planer auftreiben, der eine Bankbürgschaft in Höhe des maximalen Investitionsvolumens von bis zu acht Millionen Euro beibringt. Damit sollte das Risiko abgesichert werden, dass ein neues Bad am Ende wegen zu schlechten Baugrunds langfristig nicht betrieben werden könnte.

Diese Forderung sei „klar erkennbar rechtswidrig“; schreibt der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Wolfgang Schmitz-Rode. „Die Forderung des Rates, dass ein Architekt ein bei der Sanierung des hier in Rede stehenden Freibades vermutlich gegebenes Risiko übernehmen soll, das aus dem Baugrund resultiert, ist vergaberechtswidrig“, erläutert er. Ein öffentlicher Auftraggeber dürfe „keine ungewöhnlichen Wagnisse auf die Bieter eines Vergabeverfahrens abwälzen“. Baugrundrisiken fielen nach der Rechtsprechung „ausnahmsos in die Risikosphäre des Bauherrn, nicht in die Risikosphäre von Bauhandwerkern oder sonstigen Dritten“.

Außerdem wäre es einem Architekten unmöglich, ein solches Risiko wirtschaftlich vernünftig in seine Kalkulation einzurechnen, erläutert der Anwalt weiter. „Das Risiko läge im Zweifel bei 100 Prozent der Baukosten. Risikopositionen in solcher Höhe darf ein Architekt aber nicht in sein Preisangebot einkalkulieren“, das würde gegen die Honorarordnung verstoßen.

Abgesehen von diesen Gründen wäre die verlangte Bürgschaft eine „Gewährleistungsbürschaft“. Die dürfe aber „regelmäßig nur maximal fünf Prozent der Schlussrechnungssumme betragen“. Außerdem sei eine Bürgschaft sittenwidrig und somit unwirksam, wenn eine Überforderung des Bürgen vorliege, und das wäre in diesem Fall gegeben.

Fazit: Der Ratsbeschluss sei rechtswidrig. „Er ist durch den Bürgermeister zu beanstanden und aufzuheben, gegebenenfalls unter Einschaltung der Kommunalaufsicht.“

Weitere Anforderungen, die der Stadtrat in seinem Beschluss Ende März formuliert hat, hält der Jurist übrigens für in Ordnung. So will die Politik, dass ein Architekt oder Planungsbüro zusagt, sich an einer Ausschreibung zu beteiligen und einen Zuschlag dann auch anzunehmen. Die öffentliche Hand dürfe und solle vor einer Ausschreibung eine „Markterkundung“ durchführen, so die Bewertung des Anwalts.

Der Freibadverein hat seine Bitte, den Ratsbeschluss zu überprüfen, und die Stellungnahme des Anwalts im Rathaus abgeliefert. Für Montag sei ein Gespräch mit dem Bürgermeister angesetzt, so der Vorsitzende Thomas Giezek. „Wir wollen mal die rechtliche Bewertung der Stadt sehen“, sagte er. Bei einer Aufhebung des Ratsbeschlusses würde man im Verein nicht gleich die Korken knallen lassen: „Damit hat man noch lange kein Freibad, das ist uns klar. Aber wir wollen zumindest, dass diese Acht-Millionen-Bürgschaft weg ist.“

Der Ratsbeschluss hatte im März einigen Wirbel verursacht, weil nicht nur die Streiter für das Freibad die Anforderungen kaum erfüllbar fanden. Thomas Giezek sagt: „Alle Architekten, mit denen wir gesprochen haben, haben gesagt, so eine Vorgehensweise hätten sie noch nie erlebt. Ich weiß nicht, wer so einen Einfall gehabt hat.“

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