Voerde El Dorado für die Erholungssuchenden

Voerde · Heinz Ingensiep geht im Jahrbuch des Kreises Wesels der Geschichte des Wohnungswaldes nach und stellt das Gebiet zwischen Dinslaken und Voerde einmal aus einer ganz anderen Perspektive vor.

 Der Wohnungswald als Erholungsort und Sportparadies für die Menschen aus der gesamten Region.

Der Wohnungswald als Erholungsort und Sportparadies für die Menschen aus der gesamten Region.

Foto: Froehlich

Manch Reh, Dachs oder Fuchs schaut verwundert aus seinem Versteck im tiefen Dickicht hervor, schüttelt das Haupt und rätselt wohl über die seltsamen Lebewesen, die dort hechelnd, keuchend, schnatternd oder ganz still in sich ruhend durch den Wohnungswald jagen, manche auf zwei Stöcken gestützt, andere sich auf zwei Rädern fortbewegend, weitere ganz ohne Gehhilfen auskommend. Heute ist der Wohnungswald, der übrigens auf Voerder Gebiet liegt und nicht wie viele denken zur Nachbarstadt Dinslaken gehört, ein wahres Dorado für Fitnessbesessene aus der ganzen Region geworden.

Heinz Ingensiep, ehemaliger Redakteur in Dinslaken, muss es wissen. Läuft er doch tagtäglich durch "seinen" Wohnungswald. Jetzt aber ist er dem Wohnungswald auch historisch auf den Pelz gerückt - für das Jahrbuch 2017 des Kreises Wesel. Und so stellt er den Wald zwischen Dinslaken und Voerde einmal aus einer ganz anderen Perspektive vor. Rund 200 Jahre, so schreibt er, habe es gedauert, um mit menschlichem Einsatz einen Forst zu schaffen, der den Bewohnern beider Städte heute so sehr am Herzen liegt. Voerde galt nämlich schon immer als waldarme Gegend. Nach einer Karte aus dem 18. Jahrhundert wurden lediglich 335 Hektar Forst registriert. Bis 1700 waren nämlich vorhandene Waldbestände restlos abgeholzt worden. Felder, Wiesen und Heide bestimmten das Landschaftsbild des früheren Kirchspiels Götterswickerhamm.

Für die Namensgebung des Waldes zeichnet sich das alte Rittergeschlecht Wonyngen auf dem alten Wasserschloss und heutigen Haus Wohnung verantwortlich. Bis ins 20. Jahrhundert wechselte Haus Wohnung, zu dessen Besitz eben jener Wald gehört, mehrfach die Besitzer, bis es schließlich 1969 die Steag aufkaufte. Und sich seitdem um den Zustand des Waldes bemüht.

Wurden noch zwischen 1695 und 1706 Hunderte von Bäumen gefällt, zwischen 1812 und 1813 der Forst mit mehr als 10 000 Gehölzen aus Baumschulen aufgeforstet, betreibt die Steag heute eine moderne Forstwirtschaft, bei der auch die Bodenverhältnisse eine wichtige Rolle spielen. Dem Baumbestand wird eine gesunde Struktur attestiert, Schädlinge gibt es so gut wie nicht und selbst Orkan Kyrill hat kaum nennenswerten Schaden angerichtet.

Wohl aber gebe es heute noch Zeugnisse des Zweiten Weltkrieges in den Bäumen, erfuhr Heinz Ingensiep von Dr. Thomas Becker, Geschäftsführer der Steag-Kraftwerks-Grundstücksgesellschaft. Immer noch fände man bei Baumfällungen Granatsplitter in den Stämmen, die vom Dauerbeschuss vor dem Rheinübergang im März 1945 herrührten.

Ja, der Wohnungswald könnte eine Menge erzählen - von dem Bau der Bahnlinie Oberhausen-Walsum-Wesel, die den Wald von Haus Wohnung trennte, vom Bau des Steag-Kraftwerkes, von seinen Bächen, die ihn durchziehen, und von den Menschen, die hier Ruhe finden.

Das Jahrbuch 2017 ist im Duisburger Mercator-Verlag erschienen und für 12,90 Euro überall im Buchhandel erhältlich.

(big)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort