Ein Freundetrio im Mittelpunkt Ein „Wende-Roman“ als Komödie

Der Kabarettist und Romancier Frank Goosen, 1966 in Bochum geboren und noch immer dort lebend, hat sich einen guten Ruf als Ruhrgebietsautor und „Chronist der 80er Jahre“ erschrieben. Im Mittelpunkt seines letzten Romans „Förster, mein Förster“ (2016) stand das Freundschaftstrio Förster, Brocki und Fränge.

 Rezensent Ronald Schneider

Rezensent Ronald Schneider

Foto: Ronald Schneider/ronald schneider

Alle drei waren dort um die 50 und kämpften gegen unterschiedliche Symptome der Midlife-Crisis. Im neuen Roman Frank Goosens, „Kein Wunder“, steht dieses Freundschaftstrio erneut im Mittelpunkt, allerdings sind Förster, Brocki und Fränge hier 25 Jahre jünger und suchen noch nach einem für sie passenden Lebenskonzept. Es ist der Sommer 1989, und Roland Förster, Student der Germanistik in Bochum, besucht mit Brocki den gemeinsamen Freund Fränge, der sich auf der Flucht vor der Wehrpflicht nach Berlin abgesetzt hat. Fränge treibt sich in West-Berlin aber mehr in der Kneipen-Szene als an der Uni rum und bastelt an einer parallelen Liebesbeziehung zu der portugiesischen Kellnerin Marta in West-Berlin und zu der attraktiven Rosa aus der Ost-Berlin.

„Kein Wunder“ beginnt turbulent, verliert danach etwas an Fahrt und steuert mit dem Mauerfall und seinen völlig unerwarteten Konsequenzen für das Leben der drei Freunde auf seinen dramatischen Höhepunkt zu. Vertrautes wird für alle drei plötzlich brüchig, Fränge kommt mit dem neuen Berlin nicht mehr klar, Brockis Weltbild gerät ins Wanken, und Förster muss seine Beobachter-Rolle aufgeben und um seine neue Liebe zu Rosa aus dem „alten Osten“ kämpfen.

Frank Goosen ist es mit „Kein Wunder“ gelungen, einen Wende-Roman zu schreiben, in dem das Drama des deutschen Einigungsprozesses ironisch gespiegelt wird in einer Ost-West-Komödie voller Turbulenzen und Pointen. Wie in früheren Romanen überzeugt Goosen auch in „Kein Wunder“ mit genauer Beobachtungsgabe, Situationskomik, ironischer Überzeichnung und hintergründigem Humor. Ein Unterhaltungsroman mit beachtlichem Tiefgang, dem es zudem gelingt, das Zeit- und Lokal-Kolorit der späten 1980er-Jahre im Ruhrgebiet ebenso atmosphärisch dicht einzufangen wie das der West-Berliner Subkultur-Szene und der Ost-Berliner Dissidenten-Treffen.

Frank Goosen: Kein Wunder. Roman. Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln 2019

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