Hünxe Ein neues Leben für den alten Staubsauger

Hünxe · Reparieren ist besser als wegwerfen: Der Männerkreis des Repair-Cafés in Bruckhausen zeigt, wie's funktioniert. Einmal im Monat wird das Foyer der Kirche Unsere Arche zur Werkstatt.

 Horst Dubrau (oben) bei der Reparatur eines Staubsaugers; (unten, v.l.) Hermann Beeker, Johann-Friedrich Hoffmann, Felicitas Wrede, Egon Poetsch, Gerda Halice. Um Fahrräder kümmern sich Peter Wagner (l.) und Udo Wülbeck.

Horst Dubrau (oben) bei der Reparatur eines Staubsaugers; (unten, v.l.) Hermann Beeker, Johann-Friedrich Hoffmann, Felicitas Wrede, Egon Poetsch, Gerda Halice. Um Fahrräder kümmern sich Peter Wagner (l.) und Udo Wülbeck.

Foto: Büttner

Wanduhren, die nicht mehr schlagen, Wasserkocher, die nicht kochen, klemmende Toaströster, springende CD-Wechsler, dreibeinige Stühle – Gegenstände, die nicht mehr hundertprozentig funktionieren, aber auch noch nicht richtig kaputt sind, landen oftmals auf dem Müll. Dabei sind sie zum Wegwerfen zu schade. Vielfach ist nur eine Kleinigkeit defekt, die sich schnell reparieren lässt. Der Männerkreis vom Repair-Café der Evangelischen Kirchengemeinde in Hünxe-Bruckhausen zeigt, wie's funktioniert. Einmal im Monat verwandeln die Männer das Foyer der Kirche Unsere Arche in eine Werkstatt.

 Horst Dubrau (oben) bei der Reparatur eines Staubsaugers; (unten, v.l.) Hermann Beeker, Johann-Friedrich Hoffmann, Felicitas Wrede, Egon Poetsch, Gerda Halice. Um Fahrräder kümmern sich Peter Wagner (l.) und Udo Wülbeck.

Horst Dubrau (oben) bei der Reparatur eines Staubsaugers; (unten, v.l.) Hermann Beeker, Johann-Friedrich Hoffmann, Felicitas Wrede, Egon Poetsch, Gerda Halice. Um Fahrräder kümmern sich Peter Wagner (l.) und Udo Wülbeck.

Foto: Büttner

Dort wird geschraubt, gelötet und getüftelt. Außer der Hilfe zur Selbsthilfe gibt es Kaffee, selbst gebackenen Kuchen und nette Gespräche in gemütlicher Atmosphäre. Vor drei Monaten öffnete das Café erstmals seine Türen. Mittlerweile können sich die zehn Rentner vor Aufträgen kaum noch retten.

Hünxe: Ein neues Leben für den alten Staubsauger
Foto: Büttner, Martin (m-b)

Inge Gerickes "Herby 2000" hat schon bessere Zeiten gesehen. Über zehn Jahre hat der Dampfreiniger im Haushalt gute Dienste geleistet. Damit ist es vorbei. "Der saugt noch ganz gut, aber er dampft nicht mehr", sagt die ältere Dame. Sich davon zu trennen, fiele ihr schwer. "Ich hänge an dem Gerät." Dann schaut sie erwartungsvoll auf den Mann mit der blauen Schürze. Johannes Pütter (63) rückt seine Brille zurecht. "Ich fülle zunächst mal Wasser nach. Mal schauen, was passiert."

Auch Horst Dubrau zerlegt gerade einen Dampfreiniger. Den Fehler hat er schnell gefunden. Das Ding verliert Wasser. Ein Dichtungsring muss ersetzt werden. "Das kriegen wir schon hin", erklärt der 77-Jährige. Früher hat der Elektrotechniker für Siemens große Gasverdichteranlagen gebaut. Jetzt repariert er Haushaltsgeräte und Elektrospielzeug. "Es macht Spaß, wenn man den Leuten helfen kann. Das sind kleine Gefälligkeiten. Dafür sind wir da."

Gerda Halice hat eine Wanduhr mitgebracht. Ein Erbstück von ihrem Großvater. "Sie schlägt ungenau", erklärt die Voerderin. Statt zur halben und zur vollen Stunde meldet sie sich um zwanzig vor und zehn nach. "Wenn's zwölf ist, schlägt sie nur elfmal." Das klingt nach einem Problem. "Uhren sind kompliziert", erklärt Rüdiger Knüfken. Möglicherweise ist das hier ein Fall für den Uhrmacher. Aber auch für komplizierte Angelegenheiten hat das Reparatur-Team die richtigen Tüftler. Also erstmal anschauen, reinigen, ölen. Vielleicht klappt's.

Viele "Kunden" des Repair-Cafés sind nicht allzu zuversichtlich, wenn sie mit ihren defekten Schätzchen in die Arche kommen. Um so größer ist die Freude, wenn die alten Sachen wieder funktionieren. Rüdiger Knüfken berichtet von einer Mutter, die mit ihrem blinden Sohn ins Repair-Café kam. "Das Kind hatte fünf kaputte Spielzeuge mit. Darunter war ein sprechender Papagei, der keinen Ton mehr sagte und ein Trommler, der nicht mehr trommelte. Die Mutter hatte dem Kleinen erzählt, dass sie eine gute Nikolauswerkstatt kenne, wo alles repariert wird. Wir haben es tatsächlich geschafft. Der Papagei konnte wieder sprechen, der Trommler wieder trommeln. Der Junge war total glücklich. Und wir natürlich auch."

Peter Wagner (63) war früher Kriminalkommissar in Dinslaken, Udo Wülbeck (69) hat als Kfz-Meister gearbeitet. Im Repair-Café kümmern sich die beiden um Fahrräder. Mal muss ein defekter Dynamo ersetzt werden, mal klemmt die Handbremse oder es gibt Probleme mit der Gangschaltung. "Früher haben die Leute viele Dinge selbst repariert", sagt Wagner. "Heute flicken viele nicht mal mehr einen Platten am Hinterrad, weil sie Angst haben, dass hinterher die Gangschaltung nicht mehr funktioniert."

Die Fachleute reparieren nicht nur, sie geben den Kunden auch Hilfe zur Selbsthilfe. Ob Waffeleisen oder Mikrowelle, Rasenmäher oder Heckenschere – die mitgebrachten Dinge werden gemeinsam instand gesetzt. Und sollte es jemanden geben, der zwei linke Hände hat, macht das gar nichts. Er darf trotzdem zuschauen. Die Besucher können die Wartezeit allerdings auch bei Kaffee und Kuchen und einem netten Plausch überbrücken.

Die Experten in den blauen Kittelschürzen arbeiten ehrenamtlich. Bis auf die Ersatzteile ist die Hilfe kostenlos. Das hat sich herumgesprochen. Die defekten Brotschneidemaschinen, Bewegungsmelder, Spieluhren und Filmprojektoren, die in die Arche gebracht werden, kommen nicht nur aus Hünxe, Dinslaken und Voerde. Wenn das Café am zweiten Donnerstag im Monat öffnet, reihen sich auch Besucher aus Rheinberg, Duisburg und Oberhausen in die Warteschlange ein. Es sind viele. "In nur zwei Stunden haben wir heute bereits 30 neue Aufträge angenommen", sagt Johann-Friedrich Hoffmann (67). Der frühere Lehrer weiß, dass es noch einige mehr werden. Das Café schließt erst in zwei Stunden.

Am Empfang geben die Kunden ihre Geräte ab und erhalten einen Reparaturzettel. Dann wandern die defekten Stücke in die Werkstatt. Nicht selten werden an einem Tag mehr Aufträge angenommen, als die Experten in den vier Stunden, die das Café geöffnet hat, bearbeiten können. "Wir mussten uns anfangs an jedem Donnerstag treffen, um unser Pensum zu schaffen", erzählt Hoffmann (67). Die Kunden wurden telefonisch benachrichtigt, wenn ihre Geräte fertig waren. Jetzt hat das Team die Annahme reduziert. Pro Kunde wird nur noch ein defektes Teil angenommen. "Wir versuchen, alle Reparaturen sofort zu erledigen."

Das gelingt mitunter in wenigen Minuten. Manchmal ist ein Walkman nur deshalb "kaputt", weil das Batteriefach leer ist. Es gibt aber auch Geräte, bei denen allein die Fehlersuche mehrere Stunden erfordert. Und manche sind derart kompliziert, dass die Herren Techniker und Mechaniker ganz die Finger davon lassen. Bei teuren Kaffeemaschinen etwa verweigern sie die Annahme. Einfache Küchenmaschinen bekommen sie spielend wieder hin. Inge Gericke weiß das. "Die haben mir schon mal einen Mixer repariert. Das ist eine tolle Sache, dass es das hier gibt."

Das finden auch andere Besucher. Das Sparschwein im Repair-Café ist nach vier Stunden gut gefüllt. Die Kindergartenkinder wird das freuen. Das Geld ist für sie bestimmt. Die Besucher spenden aber nicht nur Geld. "Sie bringen uns auch Kuchen und Werkzeug vorbei", sagt Johann Friedrich Hoffmann und lächelt. "Schöner kann man nicht Danke nicht sagen."

Der Männerkreis: Johann Friedrich Hoffmann, Johannes Pütter, Hans Alefs, Hermann Beeker, Horst Dubrau, Peter Wagner, Friedrich Willichs, Rüdiger Knüfken, Udo Wülbeck. Im Repair-Café wurden bisher über 200 Reparaturen durchgeführt. Nächster Termin: 9. Januar 2014.

(RP)
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