Reportage Am Dienstag Ein Koloss gleitet an seinen Platz

Dinslaken · Das 350 Tonnen schwere Rahmenbauwerk für die Fußgängerunterführung an der Rahmstraße wurde eingeschoben.

Voerde Es ist dunkel und die Temperaturen sinken langsam dem Gefrierpunkt entgegen. Trotzdem wird auf der Baustelle der Deutschen Bahn an der Rahmstraße eifrig gearbeitet. Denn es gibt eine Verspätung. Allerdings ist es kein Zug, der seinen Fahrplan nicht einhält, sondern es gibt einige Verzögerungen beim Einschub des Rahmenbauwerks für die neue Fußgänger- und Fahrradunterführung. Diese soll in Zukunft einen sicheren Weg unter den Gleisen hindurch bieten. Die Verzögerung, sonst bei der Deutschen Bahn unplanmäßig, ist in diesem Fall aber mit einkalkuliert. "Bei einer solchen Baustelle kann es immer zu kleineren Problemen kommen, und deswegen haben wir ein Zeitpolster mit eingeplant", erklärt Hans-Dieter Lukas, Teamleiter Bautechnik im Großprojekt Ausbaustrecke Emmerich-Oberhausen. Er kennt die Bedeutung dieser Baustelle: "Das ist eine oft genutzte Radfahrstrecke. Im Sommer hätten wir die nicht sperren können."

In diesem Fall war es der Baugrund, der den gut 50 Bauarbeitern, Prüfingenieuren und Bauüberwachern etwas Kopfschmerzen bereitete. "Wir haben uralte Betonfundamente gefunden, die abgetragen werden mussten und zudem war der Baugrund in der Trasse dichter, als vorhergesehen", erklärt Lukas. "Allerdings liegen wir noch voll im Zeitplan." Und der ist eng gesteckt. Nur 96 Stunden haben die Bauarbeiter Zeit, um die Gleise auszubauen, die Baugrube auszuheben, das Rahmenbauwerk an seinen Platz zu bringen und wieder eine befahrbare Gleisstrecke herzustellen. "Um fünf Uhr soll am Dienstag der erste Zug fahren können, damit die Menschen auch pünktlich zur Arbeit kommen", erklärt Hans-Dieter Lukas.

Die Bewegung des Rahmenbauwerks hat es in sich. Die Konstruktion aus Stahl und Beton, welche schon in den vergangenen Wochen hergestellt wurde, ist 19 Meter lang, drei Meter breit und wieg rund 350 Tonnen. "Um die zu bewegen, setzen wir modernste Technologie ein", erklärt Hans-Dieter Lukas. Vier hydraulische Pressen sind in das Rahmenbauwerk eingearbeitet. Diese heben die Konstruktion an. An Stahlseilen wird der Koloss schließlich über glatte, mit Silikon behandelte Stahlbleche an seine Position gezogen. "Wir haben allerdings auch einen Zug nach hinten. Wenn sich die 350 Tonnen in Bewegung gesetzt haben, müssen wir sie auch wieder abbremsen können", berichtet Hans-Dieter Lukas.

Zuvor ist allerdings noch der volle Einsatz des Bauteams gefragt. In der Baugrube, die mit Spundwänden versehen ist, herrscht Hochbetrieb. Arbeiter mit Helmen und grellorangen Warnwesten tragen weitere Metallplatten durch die Röhre des Rahmenbauwerks. Ein Bagger schaufelt Füllmaterial an jene Stelle der Grube, an der später das fertige Konstrukt zur Ruhe kommen soll. Ein anderer Bagger lässt weitere Bauteile in die Grube herab, die unten von den Arbeitern in Empfang genommen werden. Millimeterarbeit für die Männer, die am Steuer der großen Maschinen sitzen. Und einiges an Stress für die Bauarbeiter, die ihren Zeitplan einhalten müssen. Die Stimmen werden lauter, der Umgangston ein wenig rauer. Hier sollte jetzt niemand mehr den Arbeitern im Weg stehen.

Es dauert bis kurz vor Mitternacht, bis sich das 350 Tonnen schwere Bauwerk wie geplant in Bewegung setzt. Gut drei Stunden nach der ursprünglich geplanten Zeit - aber immer noch im vorgegebenen Zeitrahmen. "Das ist ein heikler Moment, weil immer die Sorge besteht, dass der Rahmen sich verkeilen könnte", sagt Hans-Dieter Lukas. Doch es gelingt alles. Nach weniger als fünf Minuten ist das Bauwerk an seinem Platz angekommen. Allerdings fehlen noch einige Zentimeter, bis es ganz genau an seinem Platz sitzt. Einige Korrekturen sind nötig, doch schließlich haben die fleißigen Arbeiter auch diese geschafft.

Zur Belohnung gibt es nach der Nachtschicht eine Wurst frisch vom Grill. "Das gehört bei solchen Baustellen eigentlich mit dazu", erklärt Hans-Dieter Lukas. Die Nachtschicht an der Baustelle ist nach der Bewegung des Kolosses vorbei. Eine Pause für die Arbeiter, bevor es an die Wiederherstellung der Gleise geht.

(fla)
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