Prozess vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Terrorist Nils D. wird nun Mord vorgeworfen

Dinslaken/Düsseldorf · Dinslakener steht bald erneut vor Gericht und muss sich wegen seiner Taten in Syrien verantworten.

 Nils D. bei seinem früheren Prozess.

Nils D. bei seinem früheren Prozess.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Dem IS-Terroristen Nils D. aus Dinslaken droht lebenslange Haft. Vom kommenden Mittwoch, 4. September, an steht der 29-Jährige zum zweiten Mal vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Nun werden ihm Kriegsverbrechen und Mord zur Last gelegt, begangen in einem Gefängnis der Terrororganisation Islamischer Staats (IS) in Syrien, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet.

Der ehemalige islamistische Kämpfer der sogenannten Lohberger Brigade soll weit tiefer in die Taten des IS verstrickt sein, als bei seinem ersten Prozess bekannt geworden war. Dem 29-Jährigen wird jetzt vorgeworfen, 2014 in Syrien drei Gefangene mit zwei Komplizen zu Tode gefoltert zu haben.

Da er bereits vor drei Jahren als IS-Mitglied zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, hatte das Oberlandesgericht die neue Anklage zunächst abgelehnt. Eine solche Doppelbestrafung verbiete das Grundgesetz. Das sah der Bundesgerichtshof anders und hob die Entscheidung auf eine Beschwerde der Bundesanwaltschaft hin auf. Es handele sich um neue Vorwürfe.

Nils D. war im Oktober 2013 über die Türkei nach Syrien gereist und zur Terrormiliz gestoßen. Dort gehörte er nach eigener Aussage 2014 acht Monate lang einer Spezialeinheit des IS an, die Abtrünnige und Deserteure aufspüren sollte.

Der heute 29-Jährige hatte in seinem ersten Verfahren bestritten, an Folterungen und Hinrichtungen von Gefangenen beteiligt gewesen zu sein. Als Kronzeuge hatte er gegen ehemalige Kampfgefährten ausgesagt und sich damit einen Strafrabatt gesichert. Später war er durch neue Zeugen schwer belastet worden, die seine Taten in Syrien in ein ganz anderes Licht stellten. Für den Mordprozess sind 22 Verhandlungstage angesetzt.

Im ersten Prozess hatte das Gericht Nils D. attestiert, lediglich als Zuschauer Hinrichtungen miterlebt zu haben. „Nach dem Freitagsgebet wurde geköpft“, hatte die damalige Vorsitzende Richterin Barbara Havliza in der Urteilsbegründung berichtet. Havliza ist inzwischen Justizministerin in Niedersachsen. „Die Strafe wäre ohne Geständnis weitaus höher ausgefallen“, hatte sie damals betont. Doch inzwischen steht im Raum, das Nils D. ihr seine schlimmsten Untaten verschwiegen haben könnte.

Mit seinen Aussagen habe er zwölf Komplizen belastet und mitgeholfen, fünf Haftbefehle zu erwirken, hatte die Bundesanwaltschaft ihm noch 2016 zugute gehalten. Nils D. hatte Islamisten aus Dinslaken, Mönchengladbach, Solingen und Wolfsburg belastet. Was bereits rechtskräftig festgestellt ist: Vermummt und mit einer Kalaschnikow bewaffnet war der Dinslakener regelmäßig im Morgengrauen im sogenannten „Sturmtrupp“, einer Spezialeinheit der Terrororganisation IS, ausgeschwärmt, um vermeintliche Spione und Deserteure zu verhaften.

Einer seiner Komplizen aus Deutschland hatte mit einem abgeschlagenen Kopf an einem Kreisverkehr für ein Foto posiert. D. war selbst auf einem Foto zu sehen, wie er einem Gefangenen lachend eine Pistole an den Hinterkopf hält.

Er selbst hatte geschildert, wie Frauen kollabierten und Kinder schrien, wenn er die Männer aus den Häusern zerrte. Einmal habe er eine Leiche – vermutlich ein Folteropfer – auf einer Müllkippe verscharrt. Auch die Folterkammern des IS hatte er im Gerichtssaal beschrieben: 20 Gefangene an Stangen unter der Decke aufgehängt, oder in Kästen gepfercht, wo sie tagelang in ihrer eigenen Notdurft ausharren mussten.

„Die Schreie der gefolterten Gefangenen konnte der Angeklagte hören“, hatte Havliza festgestellt. Nun steht Nils D. im Verdacht, in mindestens drei Fällen selbst der Folterscherge gewesen zu sein.

(dpa)
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