Unsere Woche Dinslakener Politik - Eierbecher für die Eiertänzer

Dinslaken · Warum zu einer der beliebtesten Übungen der Politik der Eiertanz gehört, warum dabei niemand eine gute Figur machen kann, und warum die Politik sich dennoch nicht davon abhalten lässt, dem verdutzten Publikum ihre Eiertänze vorzuführen.

Holla, das ist mutig. Kurz vor Toresschluss, als schon alles dafür sprach, dass das Hiesfelder Bad in keinem Fall mehr kurzfristig geöffnet werden würde, hat die CDU-Fraktion - befeuert von ihrem Planungsexperten - eine Lösung aus dem Hut gezaubert: die Eierbecherlösung. Weil's Freibad nicht geöffnet werden kann, weil die Filter nicht mehr standsicher sind, so der einfache Gedanke, solle man die tonnenschweren Teile doch einfach -praktisch wie das Ei in den Becher - in Beton packen. Gut, Stefan Buchmann, der christdemokratische Chefplaner, ist jetzt kein ausgewiesener Fachmann für Bäderfragen und hat die örtlichen Gegebenheiten auch noch nicht in Augenschein genommen. Aber als Architekt ist er nun einmal irgendwie vom Fach und deswegen selbstverständlich auch in der Lage, den Statikern, die sich bislang zum Thema geäußert haben - gewissermaßen per Ferndiagnose - Paroli zu bieten. Und er scheut nicht einmal davor zurück, eine erste Kostenschätzung in den Raum zu stellen, um klar zu machen, dass seine Lösung mit rund 22.000 Euro nicht einmal ein Zehntel von dem kosten würde, was für die Anschaffung neuer Filter zu Buche schlüge.

Das, wie gesagt, ist mutig. Denn wenn's schiefgeht und es sich herausstellt, dass die Eierbecherlösung nicht funktionieren kann, hätte sich Stefan Buchmann und mit ihm die CDU schon arg blamiert. Dafür aber dürften sie sich, wenn's klappt, als Helden fühlen, die das Freibad in letzter Sekunde gerettet haben.

Nein, das dürfen sie eben nicht. Das Problem ist doch nicht, ob das Hiesfelder Bad noch für ein paar wenige Wochen in diesem Sommer - so er denn überhaupt noch einer wird - geöffnet werden kann. Das Problem ist auch nicht, dass das Bad noch irgendwie bis 2018, wenn es ohne Millionen Euro teure Sanierung ohnehin geschlossen werden müsste, über die Runden gebracht werden kann. Das Problem ist, dass jetzt endlich eine Grundsatzentscheidung her muss, die im Grunde schon vor 15 Jahren fällig gewesen wäre und der die Politik bislang ausgewichen ist. Die Frage ist schlicht und einfach, ob die Stadt sich das Hiesfelder Freibad auf Dauer leisten will und kann oder ob es eine bessere Lösung für eine zukunftsfähige Bäderlandschaft in Dinslaken gibt, was ja ein von der Politik in Auftrag gegebenes Gutachten klären soll. Entscheidet sich die Politik für das Hiesfelder Bad, dann muss sie sich auch dafür entscheiden, dort Millionen zu investieren.

Tut sie es nicht, dann wären selbst 22.000 Euro, die jetzt auf die Schnelle ins Bad gesteckt würden, rausgeschmissenes Geld. Und es wäre nur die Fortsetzung eines unsäglichen Eiertanzes. Insofern allerdings ist das Wort von der Eierbecherlösung eigentlich eine sehr schöne Beschreibung dafür, wie Politik in Dinslaken ganz allgemein agiert: Eiertänzer auf der Suche nach Eierbechern.

Der nächste Eiertanz ist übrigens schon choreographiert - vom Bildungsexperten Dr. Heinfried Habeck, der das Gutachten zur Zukunft der Dinslakener Schulen erarbeitet hat, dessen politische Beratung in der kommenden Woche im Schulausschuss beginnt. Das Gutachten und seine Empfehlung, die die Frage nach der politischen Durchsetzbarkeit so verblüffend eindeutig höher gewichtet als die nach der besten Lösung für Dinslakens Schüler, ist an sich schon ein einziger Eiertanz. Dennoch darf man davon ausgehen, dass die Politik noch einmal deutlich vorsichtiger über den vor ihr ausgebreiteten Teppich roher Eier wandeln wird, als es der Bildungsexperte vorgegeben hat. Zumal auch in der Schulfrage wieder der Stadtteil Hiesfeld mit dem dortigen Gymnasium und der Realschule in den Fokus rückt.

Dass niemand, so viel Mühe er sich auch geben mag, beim Eiertanz eine gute Figur abgibt, wird also, wenn nicht alles täuscht, Politik nicht von dieser ihr so vertrauten Übung abhalten; genauso wenig wie die Überlegung, dass bei einem solchen Tänzchen im Zweifel mehr Eier zerdeppert werden, als wenn Politik sich für einen geraden, klaren Weg entschiede.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: joerg.werner@rheinische-post.de

(RP)
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