Dinslaken Die Zeche als Zauberlandschaft

Dinslaken · "ExtraSchicht" auf dem ehemaligen Bergwerk Lohberg: Die "Nacht der Industriekultur" war in farbige Lichter getaucht. Kunst, Musik und "Montgolfiade" hinterließen bleibende Eindrücke.

 Live-Musik am Fuße des Förderturms. Der Turm wurde in wechselnden Farben angestrahlt.

Live-Musik am Fuße des Förderturms. Der Turm wurde in wechselnden Farben angestrahlt.

Majestätisch ragt der Förderturm in den schwarzen Nachthimmel. Der Turm und die umliegenden Gebäude erstrahlen in farbigem Licht. Gerade hebt sich der Turm türkis, violett und blutrot von seiner bunt schillernden Umgebung ab. Alle paar Minuten verändert er sein Gesicht. Bemalte Laternen weisen den Weg mitten ins Herz der ehemaligen Zeche Lohberg. Viele Nachtschwärmer, die über das Gelände strömen, halten die Eindrücke mit der Fotokamera fest, doch das Live-Erlebnis bleibt für den Moment einzigartig.

Ein Hauch von Geschichte umweht das stillgelegte Bergwerk. Das spüren die Besucher – mehr als 4000 werden gezählt – und betreten fast ehrfürchtig die Räume, in denen bis Ende 2005 Bergmänner ihrer Arbeit nachgingen. Jörg Manderscheid war einer von ihnen. Bis 1997 arbeitete der Lohberger auf der Zeche.

"Ich finde es schön, dass ich hier wieder drauf darf. Da kommen viele Emotionen raus", sagt der ehemalige Bergmann. Vor zwei Jahren kehrte er zum ersten Mal zurück, seither immer wieder gerne. Die künstlerischen Inszenierungen findet er toll, doch es sind die vertrauten Dinge, die ihn mehr anziehen. "Man kennt ja hier alles. Sogar der Geruch in dem Bereich, wo man sich umgezogen hat, ist noch der gleiche", so Manderscheid.

Musik liegt in der Luft. Von der Bühne am Förderturm dringt Partymusik der Band "Hit Mama" herüber. In der Lohn- und Lichthalle geht es beschaulicher zu. Die Gäste lauschen der samtig-jazzigen Stimme von Samirah Al-Amrie. "Die Bläserklasse der Waldorfschule war auch gut, und den Bergmannschor Concordia muss man gehört haben", findet Roswitha Kerseboom. Als Lohbergerin empfindet sie es als angenehme "Pflicht", sich bei der "ExtraSchicht" sehen zu lassen. Begeistert ist sie vom illuminierten Förderturm, dem Wahrzeichen der Zeche. "Der wird von allen geliebt", meint Kerseboom, deren Vater, Großvater, Ehemann und Sohn auf der Zeche gearbeitet haben.

Eine faszinierende "Zauberlandschaft" empfängt die Besucher im Fördermaschinenhaus. Giftgrüne Bäume, stachelige Ranken und zarte Blüten wachsen zwischen Maschinenteilen. Trommeln klingen, und Nebelschwaden wabern. Unter den Füßen knirscht Sand, und über den Köpfen kreisen seltsame "Vögel". An einem Baum können Besucher Zettel mit ihren persönlichen Wünschen befestigen.

Installationen und Musikperformances sind auch andernorts zu entdecken. Begehbare Würfel laden dazu ein, sich malerisch zu verewigen. Immer wieder taucht der weiße Elefant auf, der als Maskottchen den Weg weist. Die Schwarzkaue hat sich in ein begehbares Kunstwerk aus Raum- und Lichtinstallation, Film und Klangperformances verwandelt. In der Zentralwerkstatt bitten Marta Dachowski und Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums zum Gruppenfoto im "Trauten Heim".

Klischees rund um den Bergbau und das Leben im Ruhrgebiet werden künstlerisch verarbeitet. In Stoff gehüllte wandelnde Skulpturen und Wäscheberge spielen auf Dreck und Staub an, der den Bergleuten in den Arbeitsklamotten steckte. Kunst auf Kohle und Bilder mit Materialien aus dem Bergbau sind im Atelier "freiart" zu sehen.

Mit großer Spannung erwarten die Gäste den Höhepunkt: die "Montgolfiade" mit Nachtglühen. Zwei Heißluftballons erhellen im Rhythmus der Musik den sternenklaren Himmel. Die Eindrücke von der "ExtraSchicht" 2011 werden noch lange in den Köpfen und Herzen nachglühen.

(krsa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort