Kolumne Neu In Der Stadtbibliothek Die Ermordung des Glücks

Dinslaken · Der renommierte Schriftsteller Friedrich Ani hat als Autor literarisch anspruchsvoller Krimis nicht nur ein breites Lesepublikum erreicht, sondern auch viel Kritikerlob bekommen. Vor zwei Jahren wurde den RP-Lesern der erste Band einer neuen Krimi-Reihe Friedrich Anis vorgestellt, in dessen Mittelpunkt der schweigsame und grüblerische Kriminalkommissar a.D. Jakob Franck stand: "Der namenlose Tag" (2015).

Im zweiten Fall des Ex-Kommissars Franck, "Die Ermordung des Glücks", geht es um den Mord an einem unschuldigen Jungen. An einem trüben Novembertag kommt der elfjährige Lennart Grabbe von der Schule nicht nach Hause zurück, 34 Tage später wird seine Leiche unter einem Baum entdeckt. Der sympathische Junge war das Glück seiner Mutter und der Kitt seiner kleinen Familie - die ohne ihn auseinanderbricht.

Nachdem eine Sonderkommission keinerlei verwertbare Spuren und keinen Tatverdächtigen finden konnte, nimmt Jakob Franck neue Ermittlungen auf. Dank seiner Geduld und seines Einfühlungsvermögens in die Menschen, die in diesen Fall verstrickt sind, findet er am Ende den Täter. Doch die Aufklärung des Falles hilft eigentlich niemandem, auch nicht den Eltern des toten Jungen, deren Welt in Scherben liegt. Fast alle Figuren des Romans kommen auch selbst zu Wort und kommen dadurch auch dem Leser emotional sehr nahe - allerdings ohne dass der Roman ihr Verhalten, ihre Einsamkeit und Verlorenheit erklärt oder auf andere Weise verständlich macht.

Es macht Anis Qualität als Krimi-Autor aus, dass er sich den Verlierern im Leben zuwendet, ihre Lebensgeschichte in atmosphärischer Dichte und lakonischer Knappheit auf den Punkt bringt, sie dabei aber weder be- noch verurteilt, sondern Mitleid mit ihnen hat. Das gibt Anis Romanen - bei aller bedrückenden Tristesse - doch immer auch etwas Menschliches und Versöhnendes.

RONALD SCHNEIDER

Friedrich Ani: Die Ermordung des Glücks. Roman; Suhrkamp Verlag, Berlin 2017.

(RP)
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