Dinslaken Der Rhein führt extrem wenig Wasser
Dinslaken · Die für die Jahreszeit untypische Ebbe hält an. Viele Binnenschiffer haben nun das Problem, dass sie weniger Fracht laden können.
Der Rhein ist ein launischer Gesell' und immer für eine Überraschung gut. Zurzeit fließt er ganz träge dahin und macht sich dabei ganz klein. Das passt im Grunde gar nicht zur Jahreszeit. Gerade im Winterhalbjahr sind Bauarbeiten in Deichregionen verboten, weil dann das Hochwasserrisiko am höchsten ist. Manches Beispiel aus der jüngeren Geschichte ist dabei noch gut in Erinnerung. Weihnachten 1993 zum Beispiel wurden 10,91 Meter am Weseler Pegel gemessen. Es war besonders linksrheinisch hinter dem damals noch alten Deich ein unruhiges Fest. Noch stärker war das Hoffen und Bangen im Januar 1995, als 10,99 Meter erreicht wurden. Es fehlte nicht viel, und der Überlauf an der L 460 bei Birten wäre überspült worden. In Büderich, Ginderich und den anderen deichnahen Orten saßen die Menschen schon auf gepackten Koffern. Der Niederrhein schrammte damals haarscharf an einer Katastrophe vorbei.
Aktuell hat es allerdings den Anschein, als könne man den mittlerweile neuen Deich gefahrlos untertunneln. Denn der Rhein führt extrem wenig Wasser. Mal wieder, muss man sagen. Zuletzt wurden im Oktober Werte unter der Marke von 1,50 Meter an der Scala in Wesel abgelesen. Dann hatte es sich wieder etwas nach oben bewegt, um nun erneut Tiefststände anzupeilen. Um Heiligabend waren die niedrigsten Weihnachts-Wasserstände seit 1960 notiert. Und es ging weiter runter. Nach 1,51 am Montagmittag, 1,52 Meter am Dienstag und 1,58 gestern um 13 Uhr könnte der Rhein sich nun einpendeln. Doch Prognosen wagt keiner. Immerhin sind in den vergangenen Wochen auch keine nennenswerten Havarien zu beklagen gewesen.
"Auch im November und Dezember hat es wieder einige Festfahrer gegeben. Aber Schäden waren nicht dabei", berichtet Martin Wolters, Leiter der Außenbezirke Wesel und Emmerich beim Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg-Rhein. Aufsetzende Schiffe lägen am Niederrhein sofort auf Kies und Sand. "Besser geht es gar nicht", sagt Wolters. Entweder könne man Festfahrer sofort runterziehen oder man müsse sie leichtern, ihren Tiefgang also durch Umladen von Fracht verringern.
Wie im Oktober und zu anderen Ebbe-Phasen sind größere Frachter wie Schubverbände und Küstenmotorschiffe derzeit wieder mit geringerer Ladung unterwegs. 3,50 bis 4,50 Meter Tiefgang sind unter den aktuellen Bedingungen nicht drin. Denn die Fahrrinnentiefe am Niederrhein beträgt jetzt nur etwa 2,60 Meter. Davon sind noch 30 Zentimeter als sogenanntes Flottwasser abzuziehen, sagt Wolters. Wenngleich sie weniger Tonnage transportieren, muss das Niedrigwasser nicht gleich finanzielle Einbußen für die Binnenschiffer bedeuten. Denn zum Ausgleich können sie mit dem sogenannten Kleinwasserzuschlag höhere Frachtraten in Rechnung stellen.
1,11 Meter ist übrigens als niedrigster bekannter Pegelstand für Wesel am 1. Oktober 2003 notiert worden. Solche Werte sind nicht von Ort zu Ort vergleichbar. So lag der Wasserstand des Rheins am Dienstag am Pegel in Köln bei 1,17 Zentimetern und damit nur 36 Zentimeter über dem niedrigsten dort je gemessenen von 81 Zentimetern im September 2003. Die Fahrrinnentiefe lag damit bei etwa 2,28 Metern.
Rheinaufwärts nimmt sie weiter ab. In Mainz lag sie bei unter zwei Metern. In Düsseldorf waren es Dienstag 71 Zentimeter (2003: 40 Zentimeter). Die Fahrrinnentiefe betrug etwa 2,24 Meter. Am Pegel Ruhrort in Duisburg wurden nun 2,05 Meter gemessen. Der niedrigste hier je gemessene Stand datiert vom November 1971 mit 1,58 Meter.