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Interview mit Dechant Gregor Kauling Der Name Franziskus ist Programm und Anspruch zugleich

Dinslaken · Warum die Namenswahl des neuen Papstes ein starkes Zeichen ist, wo seine Wurzeln liegen und welche Hoffnungen sich mit dem Nachfolger von Benedikt XVI. verbinden.

 Gregor Kauling ist Dechant und leitender Pfarrer der neuen Dinslakener Großgemeinde Sankt Vincentius.

Gregor Kauling ist Dechant und leitender Pfarrer der neuen Dinslakener Großgemeinde Sankt Vincentius.

Foto: Martin Büttner

Die ersten Auftritte des neuen Papstes werden als ausgesprochen bescheiden und demütig wahrgenommen, was so manchen zweifeln lässt, dass er sich gegenüber der starken Kurie durchsetzen wird. Auf der anderen Seite hat er sich nach Franz von Assisi benannt, der, wenn man es einmal flapsig formulieren will, gewissermaßen der Superstar der katholischen Heiligen ist. Zeugt dies nicht auch davon, dass dieser Papst —trotz seines eher stillen Auftretens — über ein beachtliches Selbstbewusstsein verfügt?

Gregor Kauling Die Namenswahl Franziskus durch den neuen Papst ist zugleich Programm und Anspruch. Seine durchaus gelungene Mischung aus Bescheidenheit und Selbstbewusstsein hat viele Menschen in den ersten Tagen seines Pontifikates begeistert.

Der Papst hat sich für einen Namen entschieden, den vor ihm noch kein Papst getragen hat. Ist dies ein Signal dafür, dass er — auch wenn er natürlich in der Tradition der Kirche steht - einen Aufbruch zu neuen Ufern wagen will?

Kauling Der Papst bringt zunächst sich selber als Mensch mit ins Amt. Jeder hat ein anderes Charisma, aus dem sich früher oder später dann eine Linie des Pontifikates entwickeln wird, die ablesbar und unterscheidbar ist. Die Kontinuität ist der Petrusdienst, ganz unabhängig vom Menschen, der dieses Amt "bekleidet". Die beindruckende Begegnung zwischen Papst Franziskus und Benedikt XVI. hat diese Kontinuität berührend zum Ausdruck gebracht. Auch Jorge Mario Bergoglio wird neue Wege gehen, welche das sein werden, wissen wir vielleicht in einigen Monaten.

Rein kirchenrechtlich betrachtet, ist Papst Franziskus kein Jesuit mehr, aber natürlich gründen seine spirituellen Wurzeln in diesem Orden, was er ja auch eindeutig in seinem Wappen zum Ausdruck bringt. Welchen Einfluss wird das auf seine Amtsführung haben?

Kauling Die Einflüsse sind heute schon spürbar. Ein Ordensmann lebt natürlich aus der Kraft der versprochenen Gelübde. Für die Jesuiten sind das, wie für alle Ordensleute, die Keuschheit, der Gehorsam und die Armut. Die Jesuiten legen zusätzlich einen besonderen Gehorsamseid ab gegenüber dem jeweiligen Heiligen Vater. Ordensleute leben auch aus der gemeinschaftlichen Verbindung ihrer geistlichen Familie, die geht in aller weltweiten Vernetzung nicht verloren durch das kirchenrechtliche Erlischen einer Mitgliedschaft, übrigens für Bergoglio bereits seit seiner Bischofsweihe im Jahre 1992. Ignatius von Loyola, der Begründer des Jesuitenordens, lehrt in seinen Exerzitien insbesondere auch die Gabe der Unterscheidung der Geister. Papst Franziskus wird, geprägt durch seine ignatianische Spiritualität, bei allen Entscheidungen darauf zurück greifen können.

Leonardo Boff, einer der Hauptvertreter der Befreiungstheologie Lateinamerikas, hat jüngst in einem Spiegel-Interview erklärt, dass sich so mancher in Rom über diesen Papst noch wundern wird. Teilen Sie diese Einschätzung und wenn ja, worüber wird man sich wundern?

Kauling Kardinal Bergoglio hat als Bischof von Buenos Aires einen Plan entworfen für die Mission, der auf Gemeinschaft und Evangelisierung beruht. In seiner ersten Botschaft auf der Loggia des Petersdomes sagte er unter anderem folgende Worte: "Ich wünsche Euch, dass dieser Weg der Kirche, den wir heute beginnen und bei dem mir mein Kardinalvikar, der hier anwesend ist, helfen wird, fruchtbar sei für die Evangelisierung dieser schönen Stadt". Wenn Papst Franziskus eine neue Evangelisierung der Stadt Rom und des Erdkreises gelingen wird, wäre dies in der Tat befreiend und bewundernswert.

Nach der Wahl eines deutschen Papstes stand die katholische Kirche in Deutschland zwangsläufig verstärkt im Fokus Roms. Glauben Sie, dass die Wahl eines Argentiniers und die damit verbundene Öffnung zur Weltkirche, dazu führen wird, dass die Spielräume der deutschen Katholiken größer werden?

Kauling Bereits Johannes Paul II. ist um den ganzen Globus gereist und hat allein dadurch den Blick auf die Weltkirche geweitet. Die von ihm 1984 ins Leben gerufenen Weltjugendtage sind ein starkes Zeugnis dafür. Es bleibt zu wünschen, dass Papst Franziskus aus Argentinien den deutschen Katholiken helfen kann, über ihren eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Vielleicht ergeben sich dann die neuen Spielräume wie von selbst.

DIE FRAGEN STELLTE JÖRG WERNER

(RP)
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