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Neu in der Stadtbibliothek Wenn der Krieg die Kindheit raubt

Dinslaken · Ronald Schneider bespricht Ralf Rothmanns Roman „Der Gott jenes Sommers“.

Ralf Rothmann hat sich mit einer Reihe eindrucksvoller und atmosphärisch dichter Romane als poetischer Chronist des Ruhrgebiets der 1950er und 1960er Jahre einen herausragenden Namen gemacht und gilt heute als einer der wichtigsten Gegenwartsautoren und als virtuoser, vielseitiger Erzähler. Den Lesern der Rheinischen Post wurde er zuletzt mit seinem Roman „Im Frühling sterben“ (2015) vorgestellt, der Literaturkritik wie Lesepublikum gleichermaßen überzeugte.

In seinem jüngsten Roman, „Der Gott jenes Sommers“, für den er soeben mit dem Uwe-Johnson-Preis ausgezeichnet wurde, knüpft Rothmann zeitlich, thematisch und motivisch eng an seinen Erfolgsroman „Im Frühling sterben“ an.

Wieder geht es um die verstörenden Erfahrungen der letzten Monate und Wochen des Zweiten Weltkrieges, nun aber nicht an der Kriegsfront, sondern im scheinbar sicheren Hinterland, im ländlichen Schleswig-Holstein, und erzählt aus der Perspektive eines Mädchens, dem der Krieg die Kindheit raubte.

Im Mittelpunkt des neuen Romans steht Luisa, ein hübsches und sensibles Mädchen an der Grenze zwischen Kindheit und Pubertät, das die Monate des Kriegsendes und der englischen Besatzung auf einem Gut bei Kiel erlebt. Luisa erfährt in wenigen Monaten fast alles an Leid, das den Menschen damals aufgebürdet wurde: von der Zerstörung Kiels und dem Elend der Lager-Häftlinge über die Verhaftung der Schwester und den Selbstmord ihres Vaters bis hin zu einer Vergewaltigung – ausgerechnet durch ihren Schwager, einen schneidigen SS-Mann. Luisa überlebt alle Schrecken der Kriegs- und Nachkriegszeit, doch auch als Überlebende bleibt sie ein lebenslang gezeichnetes Opfer des Krieges.

Die Alltäglichkeit  des Schreckens ist von Rothmann ebenso lakonisch wie eindringlich beschrieben, wobei die Gefühle und das innere Erleben der Menschen und natürlich Luisas nur knapp angedeutet sind.

Durch eine immer wieder eingeblendete (fiktive) Chronik aus dem Dreißigjährigen Krieg gewinnt das erzählte Geschehen eine weitere Dimension, in der der Zweite Weltkrieg nicht als singuläres Phänomen erscheint, sondern als Fortsetzung eines Alptraums, der die Zeiten überdauert.

Ralph Rothmann:
Der Gott jenes Sommers. Roman; Suhrkamp Verlag 2018.

(ros)
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