Dinslaken Brunnenvergifter - kein Grund zur Rüge

Dinslaken · Seit April hat Dinslakens Bürgermeister die Dienstaufsichtsbeschwerde der CDU gegen seine Erste Beigeordnete auf dem Tisch. Vor seinem Start in den Urlaub hat er diese Baustelle abgeräumt - und eine heftige Gegenreaktion provoziert.

Die Christdemokraten waren empört. Christa Jahnke-Horstmann hatte, so ihr Vorwurf, nach der Ratssitzung im Beisein von Bürgermeister Dr. Michael Heidinger den schul-, sozial- und jugendpolitischen Sprecher der Fraktion, Michael van Meerbeck, als "Brunnenvergifter" beleidigt. Die Fraktion reagierte mit besagter Dienstaufsichtsbeschwerde, die der Bürgermeister mit Datum vom 14. August jetzt beantwortet hat.

Darin beruft sich der Bürgermeister auf die Bewertung der Rechtsabteilung im Rathaus, die feststellt, dass sie nach Würdigung der Stellungnahmen aller Beteiligten - Christa Jahnke-Horstmann, Michael van Meerbeck und Michael Heidinger selbst - keine Grundlage sieht, "aufgrund derer wegen des geschilderten Vorfalls ein Einschreiten im Wege der Dienstaufsicht gegen Frau Jahnke-Horstmann geboten erscheint". Unstrittig bleibt zwar, dass die Beigeordnete den Begriff "Brunnenvergifter" gebraucht hat, doch habe sie dies in einer Gesprächssituation mit dem Bürgermeister getan, wobei ihr nicht bewusst gewesen sei, dass sich Michael van Meerbeck in unmittelbarer Nähe befunden habe. Zwar habe die Beigeordnete das Wort dann gegenüber van Meerbeck auf dessen Nachfrage hin wiederholt, ihre "drastische Wortwahl" aber sofort plausibel erklärt - und zwar mit dem Hinweis auf das ihrer Ansicht nach völlig ungerechtfertigte Misstrauen, das der Christdemokrat in der Ratssitzung zuvor gegenüber der Verwaltung zum Ausdruck gebracht habe.

Die Wortwahl "Brunnenvergifter" könne zwar grundsätzlich beleidigenden Charakter haben, da das Wort aber im Zwiegespräch zwischen der Beigeordneten und dem Bürgermeister gefallen sei, mangele es an der "für eine Beleidigung typischen zielgerichteten persönlichen Herabwürdigung". Die Wiederholung des Begriffs gegenüber van Meerbeck stelle keine neue, isoliert zu sehende Beleidigungshandlung dar, sondern sei nur Bezugspunkt für die folgende Begründung der Beigeordneten für seine Verwendung. Zudem sei der Vorgang auch noch vor dem Hintergrund früherer fortwährender Unstimmigkeiten zwischen van Meerbeck und Jahnke-Horstmann zu sehen. Die Zusammenarbeit der beiden sei in den Jahren von zahlreichen, mitunter als provokant empfundenen und von beiden Seiten vorgebrachten gegenseitigen Vorhaltungen gekennzeichnet, die offenkundig zu stetig wachsenden atmosphärischen Spannungen geführt hätten.

Michael van Meerbeck kann diese Antwort des Bürgermeisters, wie er der Rheinischen Post gestern auf Anfrage sagte, nicht akzeptieren. Er ist dabei einen offenen Brief an Michael Heidinger zu formulieren, den er auch allen seinen Ratskollegen zusenden wird, weil seiner Ansicht nach die Antwort des Bürgermeisters es grundsätzlich an Wertschätzung gegenüber dem Amt eines Stadtverordneten mangeln lässt.

Van Meerbeck erinnerte noch einmal an die Herkunft des Wortes Brunnenvergifter, mit dem im Mittelalter Menschen bezeichnet worden seien, die durch Vergiftung des Trinkwassers eine Ansiedlung oder ein ganzes Volk vernichtet hätten. Einmal abgesehen von der rechtlich fragwürdigen Bewertung des Vorgangs aus dem Rathaus, hätte es ihm ja schon gereicht, wenn der Ausdruck mit einem Wort des Bedauerns zurückgenommen worden wäre, dies sei aber bis heute nicht geschehen. Zumindest hätte er eine eindeutige Zurückweisung des Vorwurfs durch den Bürgermeister erwartet.

Als unredlich empfindet er, dass der Versuch unternommen werde, die Dinge auf die Ebene einer persönlichen Auseinandersetzung zwischen der Dezernentin und ihm zu ziehen. Natürlich habe er als Sprecher seiner Fraktion in schul-, jugend- und sozialpolitischen Fragen das Recht, andere Meinungen als die Beigeordnete zu vertreten. Das habe weder mit ungerechtfertigtem Misstrauen noch mit persönlichen Beweggründen zu tun. Im Übrigen beweise ein Blick auf die Diskussionen und Beschlüsse in den Fachausschüssen und im Rat der vergangenen Jahre, dass das Unbehagen am Handeln der Dezernentin von großen Teilen der Politik geteilt worden sei.

Völlig inakzeptabel findet es van Meerbeck, dass der Bürgermeister der Einschätzung seiner Rechtsabteilung noch eine persönliche politische Bewertung der Vorkommnisse folgen lässt und ihn dabei in seiner Funktion als Caritasdirektor anspricht.

In Gesprächen, so Heidinger, die er sowohl mit Christa Jahnke-Horstmann als auch mit van Meerbeck geführt habe, habe er zum Ausdruck gebracht, dass das Verhalten der Ersten Beigeordneten und des Caritasdirektors nicht prägend für den weiteren Umgang miteinander sein dürfe. Die Stadt Dinslaken könne stolz auf ihre soziale Infrastruktur sein. Diese sei in vielen Jahren von der Verwaltung in Zusammenarbeit mit den Wohlfahrtsverbänden - namentlich auch dem Caritasverband - erarbeitet worden.

Diese Erfolgsgeschichte könne nur fortgeschrieben werden, wenn alle Beteiligten zu einem achtungsvollen, sich gegenseitig wertschätzenden Verhalten zurückfinden. Ein gutes Beispiel dafür, wie das aussehen könnte, sei die gerade erst vollbrachte Kraftanstrengung zur Unterbringung der plötzlich zugewiesenen 120 Flüchtlinge. Dazu hätten neben den Mitarbeitern der Verwaltung und des Caritasverbandes auch der Caritasdirektor und die Erste Beigeordnete ihren Beitrag geleistet.

Das Engagement seines Verbandes, so der Caritasdirektor, orientiere sich stets und ausschließlich an der inhaltlichen Notwendigkeit. Und deswegen habe die Caritas auf ein Wort des Bürgermeisters hin und ohne rechtliche Absicherung die Schaffung der Notunterkünfte organisiert und dabei die Herrichtung der Unterkünfte, die Einrichtung, die Versorgung, Verpflegung und den Unterhalt der Flüchtlinge einschließlich des Taschengelds sowie die Personalkosten vorfinanziert.

Sie habe dabei eine erhebliche Belastung auf sich genommen. Er hätte, so van Meerbeck, das Thema nicht angesprochen, wenn der Bürgermeister nicht explizit darauf hingewiesen hätte. Aber aus seiner Sicht stelle sich die Zusammenarbeit mit der Beigeordneten ganz anders dar. Die sei bei der Zuweisung der Flüchtlinge in Urlaub gewesen. In großem gegenseitigen Vertrauen hätten die Mitarbeiter der Verwaltung und der Caritas die Aufgabe auch ohne Zutun Christa Jahnke-Horstmanns gestemmt.

Seitdem diese aus dem Urlaub sei, erlebe er sie allerdings eher in bremsender Funktion. Beispielsweise veranlasse sie Prüfungen, ob noch Fördermittel akquiriert werden könnten, die offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätten. Dies sei nur eins von etlichen Beispielen aus der Vergangenheit, bei denen die Dezernentin bei der Zusammenarbeit mit der Caritas für Verzögerungen gesorgt habe.

(RP)
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