Dinslaken Bomben im Minutentakt

Dinslaken · Gedenken: Mit einem bewegenden Vortrag erinnerte Heinrich Vahnenbruck bei der traditionellen Kranzniederlegung auf dem Parkfriedhof als Zeitzeuge an die Zerstörung Dinslakens am 23. März 1945.

Heinrich Vahnenbruck hat den 23. März 1945 noch ganz klar vor Augen. "Das war genauso ein herrlicher, klarer Vorfrühlingstag wie heute. Es war nur etwas wärmer", begann Vahnenbruck seinen Bericht vom "schlimmsten Tag in der Geschichte Dinslakens". Seit Monaten hatten die ständigen Luftangriffe die Dinslakener zermürbt. Das Leben der Familie Vahnenbruck spielte sich fast nur noch im Keller ihres Bauernhofes ab, den sie zum Notquartier umfunktioniert hatten. An die Bestellung der Äcker war schon längst nicht mehr zu denken. "Das war viel zu gefährlich."

Geweint und gebetet

Am frühen Morgen des 23. März 1945 sah der damals elfjährige Heinrich Vahnenbruck, wie die ersten sieben alliierten Flieger ihre tödliche Fracht über der Stadt abwarfen. "Und dann sind wir schnell in den Keller gerannt", erinnerte sich Vahnenbruck. Und da blieben sie auch zunächst. "Denn die Flieger kamen im Minuten-Takt. Wir haben viel gebetet und geweint. In Todesangst gibt es keine Scham." Die kurze Feuerpause zur Mittagszeit nutzte Familie Vahnenbruck, um sich von ihrem teilweise zerstörten Hof in die trockengefallenen Wassergräben im Thyssendreieck zu flüchten. "Und von dort sahen wir den Krieg und all die sinnlose Zerstörung dann mit unseren eigenen Augen."

Ab 14 Uhr fielen die Brandbomben — und brachten noch mehr Tod und Leid über die Stadt. Der Bauernhof wurde nicht getroffen. "Aber das Vinzenzhospital und der große Schutzbunker bekamen etliche Volltreffer ab". Das Bild der Fuhrwagen, die in den Tagen nach den Bombardements hoch beladen mit Leichen an seinem Hof vorbei in Richtung Friedhof fuhren, geht Heinrich Vahnenbruck bis heute nicht aus dem Kopf. "Es war ganz schrecklich, so deutlich zu sehen, wie viele Opfer diese Bombenangriffe gefordert hatten", so Vahnenbruck zum Abschluss seines Vortrags.

Aus den Erinnerungen lernen

Im Anschluss legten die beiden stellvertretenden Bürgermeister, Margarete Humpert und Thomas Groß, einen Kranz im Namen aller Fraktionen und Bürger am Denkmal nieder. Humpert: "Wir betrauern heute die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten. Dieser Gedenktag eint uns alle in der Absicht, aus der Erinnerung dieses schrecklichen Krieges zu lernen."

Die Zerstörung und Verwüstung im Dinslakener Stadtbild damals sei unvorstellbar gewesen. Umso mehr sei der 23. März auch ein Gedenktag für jene, "die sich gegenseitig Mut zugesprochen und geholfen haben, Dinslaken nach dem Krieg wieder bewohnbar zu machen."

(RP)
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