Voerde Am Wochenende im Stadtteil gefangen

Voerde · Keine Rampe, kein Aufzug: Der Bahnhof Friedrichsfeld stellt Rollstuhlfahrerin Dagmar Lessig vor unlösbare Probleme.

 "Ich habe den Bahnhof direkt vor der Haustür, aber ich komme hier nicht weg", sagt Dagmar Lessig.

"Ich habe den Bahnhof direkt vor der Haustür, aber ich komme hier nicht weg", sagt Dagmar Lessig.

Foto: Büttner

Einen Bahnhof quasi direkt vor der Haustür, von dem auch zahlreiche Busse fahren. Im ländlich geprägten Voerde eigentlich ein Traum und auch einer der Gründe für Dagmar Lessig, nach Friedrichsfeld zu ziehen. Die 52-Jährige ist auf einen Rollstuhl angewiesen und war froh, im Voerder Ortsteil eine barrierefreie Wohnung gefunden zu haben.

Ihr Problem: Wirklich mobil ist sie, trotz des Verkehrknotenpunktes in der Nähe ihrer Wohnung, leider trotzdem nicht. "Ich habe den Bahnhof direkt vor der Haustür, aber ich komme hier nicht weg", sagt sie. "Manchmal komme ich mir vor wie eine Gefangene im eigenen Stadtteil."

Der erste Grund dafür ist die Tatsache, dass der Bahnhof Friedrichsfeld nicht über einen Zugang für Rollstuhlfahrer verfügt. Es gibt weder eine Rampe noch einen Aufzug hinauf zu den Gleise, die hier über die Poststraße hinweg verlaufen. "An der Treppe ist für mich Endstation", erklärt Dagmar Lessig. Erst mit dem Ausbau der Betuwe-Strecke, bei der auch der Bahnhof baulich verändert wird, soll hier ein barrierefreier Zugang möglich werden, nach Planung der Bahn über zwei Rampen, die zu den Bahnsteigen führen, die dann außen an der Strecke liegen werden.

Allerdings wird es noch einige Jahre dauern, bis der barrierefreie Zugang möglich ist und von den geplanten Rampen ist eine mit 150 Metern Länge auch kein einfacher Zugang."Ich habe einen Elektrorollstuhl und für mich wäre das weniger ein Problem. Aber Menschen, die mit Rollator da hoch müssen oder mit der Hand ihren Rollstuhl bewegen, werden da sicher ein Problem haben", sagt Dagmar Lessig.

Da die Bahn für die Rollstuhlfahrerin in dieser Form keine Alternative ist, fährt sie nun mit dem Bus. Doch auch da ergeben sich einige Probleme, wenn sie sich am Wochenende auf den Weg zu ihrer Familie nach Neukirchen-Vluyn machen möchte. Das geht schon bei den Abfahrtzeiten der Busse Richtung Wesel am Friedrichsfelder Bahnhof los. Am Samstag und Sonntag fährt hier nur noch alle zwei Stunden ein Bus in diese Richtung. "Und dann hat man teilweise Probleme, einen Anschlussbus zu erwischen, so dass lange Wartezeiten entstehen", schildert die 52-Jährige ihre Erfahrungen. Als sie via App eine Reise von Friedrichsfeld nach Neukirchen-Vluyn plante, kamen dabei teilweise drei oder mehr Stunden Reisezeit heraus. Reisezeiten, mit denen man im ICE lässig durch halb Deutschland fahren kann. Bei der NIAG verweist man bei der Frage nach wenigen Bussen auf der Strecke auf die Planung, die mit Kommunen und den Kreis Wesel in ihrer jetzigen Form abgesprochen wurde. Keine Lösung für Dagmar Lessig. "Dann werde ich mich wohl weiter an die Stadt Voerde oder den Kreis wenden müssen", sagt die 52-Jährige.

Doch nicht nur die Abfahrtzeiten sind für sie ein Problem. Teilweise kommt es auf ihrer Fahrtstrecke auch vor, dass noch ältere Busse fahren, die noch nicht für Rollstuhlfahrer geeignet sind. "Das habe ich schon sehr oft erlebt, gerade am Wochenende", berichtet Dagmar Lessig. "Die NIAG selbst hat zwar nur Niedrigflurbusse im Einsatz, aber andere Unternehmen auf der Strecke nicht", erklärt die 52-Jährige. Da stimmt sie auch mit der Aussage des Verkehrsunternehmens überein.

"Barrierefreiheit ist für uns ein wichtiges Thema und auch die Kommunen arbeiten daran", sagt NIAG-Pressesprecherin Beate Kronen. Daher seien eigentlich auch nur Niedrigflurbusse unterwegs, in die auch Rollstuhlfahrer einsteigen können. "Wenn das mal nicht so ist, müsste das ein absoluter Einzelfall sein", erklärt die Pressesprecherin weiter. Eine Aussage, die sich nicht mit Dagmar Lessigs Erfahrungen deckt. Zudem lösen die Niedrigflurbusse auch nicht alle Probleme. "Die senken sich ja nur bis zu einer bestimmten Höhe ab und leider sind noch nicht überall die Bordsteine hoch genug, dass ein Ausstieg problemlos möglich ist", berichtet sie.

Entmutigen lässt sich die 52-Jährige von den Problemen nicht. Sie will sich weiterhin dafür einsetzen, dass auch Menschen mit Behinderung ohne Probleme mit den öffentlichen Verkehrsmitteln reisen können und sicher an ihr Ziel gelangen. Auch wenn das weiterhin einige Mühen mit sich bringen wird. "Ich werde weiter kämpfen", sagt Dagmar Lessig.

(fla)
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