Dinslaken Althoff? Ich kenne nur die Althoffstraße

Dinslaken · Die Stadt bemüht sich, mit verschiedenen Aktionen ihren wohl berühmtesten Sohn einer breiteren Öffentlichkeit bekannter zu machen. Bei einer Umfrage der RP stellt sich aber heraus, dass der gewünschte Erfolg bisher ausbleibt.

 Roswitha Müller mit Enkel Luka (links) und Sigrid Ricken wissen nicht, wer Friedrich Althoff war. Dass vor dem Bahnhof der Begriff "vernetzt" auf den Boden gekärchert wurde, dürfte bisher auch nur den wenigsten aufgefallen sein.

Roswitha Müller mit Enkel Luka (links) und Sigrid Ricken wissen nicht, wer Friedrich Althoff war. Dass vor dem Bahnhof der Begriff "vernetzt" auf den Boden gekärchert wurde, dürfte bisher auch nur den wenigsten aufgefallen sein.

Foto: Büttner, Martin (m-b)

Als Roswitha Müller mit ihrem Enkelkind erst am Ententeich am Dinslakener Rathaus sitzt und dann bei ihrem Spaziergang an der Litfaßsäule vor dem Burgtheater vorbeigeht, fragt der zweijährige Luka, wer denn die Frau da auf dem Plakat sei. Der Oma ist die "Frau" noch gar nicht aufgefallen, und sie muss lachen, als sie das Gesicht Friedrich Althoffs an der Säule entdeckt. "Wir üben gerade, welcher Mensch eine Frau und welcher ein Mann ist. Aber wie der Kleine darauf kommt, dass ausgerechnet dieses Gesicht mit dem auffälligen Bart eine Frau sein soll, weiß ich auch nicht", sagt die Dinslakenerin.

Dinslaken: Althoff? Ich kenne nur die Althoffstraße
Foto: mb

Wer aber Friedrich Althoff war, konnte Roswitha Müller dem Jungen nicht erklären: "Es gibt eine Althoffstraße, aber was der Mann früher geleistet hat oder wann er genau lebte, ist mir nicht bekannt. Da müsste man vielleicht die Älteren fragen, die noch früher als ich geboren wurden."

Trotz der Kampagne der Stadt, ihren vermutlich berühmtesten Sohn zu dessen 175. Geburtstag zu ehren, ist Roswitha Müller kein Einzelfall. Bei einer Umfrage konnten viele Bürger mit dem Namen Althoff nichts anfangen und kannten nur die nach ihm benannte Straße. Dabei hängen zurzeit überall Plakate mit dem Porträt Althoffs an vielbefahrenen Straßen der Stadt aus. Neuerdings sind auch die vier Begriffe "visionär", "eigensinnig", "vernetzt" und "tolerant", die sowohl mit dem Wissenschaftspolitiker in Verbindung gebracht werden, als auch Dinslaken charakterisieren sollen, mit Hochdruckreinigern auf Asphaltflächen sichtbar gemacht worden. Zum Beispiel vor der Stadtbibliothek an der Duisburger Straße, doch man muss dort schon zweimal hinschauen, um die Begriffe auch zu entdecken. "Die Plakate an den Straßen habe ich gesehen, aber die Worte auf dem Boden sind mir neu", sagt Roswitha Müller.

Am Bahnhof steht vor dem Eingang eingerahmt von platt getretenen Kaugummis der Begriff "vernetzt" auf den Bodenplatten. Auffallen tut dies keinem. Darauf angesprochen, sieht Sigrid Ricken den Schriftzug zum ersten Mal, obwohl sie hier jeden Tag vorbeikommt. "Wie soll man das aber auch erkennen?", fragt sie sich. Dass "vernetzt" für Dinslaken und Friedrich Althoff stehen soll, davon hört sie auch zum ersten Mal und lässt sich aufklären: "Mir war auch nur die Straße bekannt." Ein anderer Passant am Bahnhof, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, brachte etwas ganz anderes mit dem Namen Althoff in Verbindung: "Es gibt doch auch einen Zirkus Althoff. Aber damit hat das wahrscheinlich nichts zu tun, oder?" Das hat Friedrich Althoff tatsächlich nicht, und deshalb versucht die Stadt ja auch, mit den Aktionen den Reformer des preußischen Bildungswesens in seiner Heimatstadt bekannter zu machen. Der gewünschte Effekt bleibt bisher aus, denn bei der Befragung hält sich die Begeisterung doch in Grenzen: "Vor 175 Jahren soll er geboren sein? Das ist viel zu lange her und interessiert mich auch nicht mehr besonders", so Pendler Kai Wagner.

(gaa)
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