Kolumne Neu In Der Stadtbibliothek Als wäre es ein Roman von Hans Fallada

Dinslaken · Als wäre es ein Roman von ihm: Hans Falladas Lebensgeschichte Hans Fallada (1893-1947) ist einer der populärsten deutschen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Seine gelungenste Romane sind bis heute unvergessen, so zum Beispiel "Kleiner Mann, was nun?" von 1931, "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst" von 1934 oder "Der Trinker" von 1950. Als sein Widerstands-Roman "Jeder stirbt für sich allein" (1947) in der englischen Erstübersetzung in den USA 2009 ein Bestseller wurde, setzte eine weltweite Fallada-Renaissance ein, die bis heute anhält. Zum 70. Todestag Hans Falladas am 5. Februar 2017 legte der Journalist und promovierte Kulturhistoriker André Uzulis ein umfangreiches Lebensbild Falladas vor, das auf eine Fülle neu erschlossenen Quellenmaterials zurückgreifen kann. Die von der Kritik zu Recht gelobte Biografie erzählt so detailliert wie noch nie die dramatische Lebensgeschichte des Hans Falladas (bürgerlich Rudolf Ditzen), und sie stellt Falladas Leben zugleich mitten in den Kontext seiner Zeit. Die Biographie beginnt (recht überzeugend) mit einem frühen Drama in der bewegten Lebensgeschichte Rudolf Ditzens alias Hans Fallada: einem als Duell getarnten doppelten Selbstmord-Versuch Rudolf Ditzens und seines besten Freundes im Jahre 1911, im Alter von 18 Jahren, den nur Ditzen schwer verletzt überlebte. Was folgt ist ein Leben zwischen schöpferischem Rausch und seelischen Krisen, zwischen literarischen Erfolgen und tiefen Depressionen, geprägt von mehrfacher Drogenabhängigkeit, immer neuen Entzugsversuchen und immer neuen Abstürzen, von Beschaffungskriminalität und Gewalttaten sowie von zahlreichen Aufenthalten in Krankenhäusern, Psychiatrien und Heilanstalten. Falladas Entscheidung, nach 1933 in Deutschland zu bleiben, zwang ihn zu einem Anpassungskurs an die NS-Machthaber, der ihm nach 1945 viel Kritik einbrachte. Uzulis verzichtet in seiner mit vielen Zitaten gewürzten Lebensbeschreibung auf Werk-Interpretationen, stellt aber sowohl die Entstehungs- als auch die Wirkungsgeschichte der großen Romane Falladas sehr ausführlich dar und ordnet die Romane auch in literarhistorische Zusammenhänge ein. Dabei sieht er Fallada vor allem als einen "Autor für Leser", der das Schicksal der kleinen Leute in den wirtschaftlich und politisch schweren Zeiten der Weimarer Republik und des "Dritten Reiches" mit großer Einfühlung und Eindringlichkeit erzählerisch vergegenwärtigt hat. Ein Kapitel zur Nachwirkung, Anmerkungen, eine Zeittafel und ein Personenregister ergänzen die farbig und anschaulich erzählte und spannend zu lesende Lebensdarstellung. Wer sich auf ihre Lektüre einlässt, wird sich beim Lesen immer wieder vorkommen, als wäre er gerade mitten in einen der Romane Hans Falladas hinein geraten.

DR. RONALD SCHNEIDER

Uzulis, André: Hans Fallada. Biografie; Steffen Verlag: 2016.

(RP)
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