Düsseldorf Schulze Föcking geht gegen "Tierretter" vor

Düsseldorf · Der Mann von NRW-Umweltministerin Christina Schulze Föcking hat Strafanzeige wegen Stalleinbruchs gegen einen Vertreter der Organisation "Tierretter" gestellt. Das Land NRW will Stalleinbrüche in die Kriminalstatistik aufnehmen.

Ein Jahr nach dem Einbruch in Ställe des Familienhofes von NRW-Umweltministerin Christina Schulze Föcking (CDU) hat der Ehemann der Ministerin rechtliche Schritte gegen ein Mitglied des Vereins "Tierretter" eingeleitet. "Nachdem ein Vertreter von ,Tierretter' in einem gerichtlichen Verfahren den mehrfachen Einbruch in die Stallungen des Betriebs gestanden hat, hat mein Mann Strafanzeige gestellt", teilte die Ministerin gestern mit. Sie selbst erstattete wegen der zunehmenden Zahl und Härte persönlicher Gewaltandrohungen in Internetforen und in sozialen Netzwerken in fünf Fällen Strafanzeige.

Kurz nach ihrem Amtsantritt vor einem Jahr hatten militante Tierschützer im Mastbetrieb der Familie Schulze Föcking in Steinfurt heimlich Videoaufnahmen von einzelnen verletzten Schweinen gemacht. Die Bilder wurden anschließend bei "Stern TV" gezeigt. Die Albert Schweitzer Stiftung hatte deswegen Anzeige wegen angeblicher Rechtsverstöße in der Tierhaltung erstattet. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen aber ein.

Seitdem sieht sich die Familie Schulze Föcking massiven Anfeindungen ausgesetzt "bis hin zur Aufforderung, man möge meinem Leben ein Ende setzen", sagte die Ministerin. Entwarnung gab sie wegen des vermeintlichen Hackerangriffs auf einen internetfähigen Fernseher der Familie, auf dem im März plötzlich eine Aufnahme aus einer Fragestunde im Landtag zur Schweinehaltung zu sehen gewesen war. Nach Angaben der CDU-Politikerin gehen die Ermittler davon aus, dass die Videoübertragung unbemerkt und unbeabsichtigt durch ein für das Heimnetz berechtigtes Gerät in einer anliegenden Wohnung der Familie ausgelöst worden ist - und nicht illegal von Dritten. "Ich bin erleichtert, dass damit ein Ausspähen privater und sensibler Daten als unwahrscheinlich angesehen wird", so Schulze Föcking, die derzeit wegen der Abschaffung der Stabsstelle Umweltkriminalität in ihrem Ministerium in der Kritik steht. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte sich in dem Zusammenhang vor sie gestellt und gesagt: "Ich finde, sie macht ihre Arbeit gut."

Die Opposition droht hingegen mit einem Untersuchungsausschuss, um die Hintergründe aufzuklären. Auch zur gestrigen Erklärung der Ministerin gab es Kritik von der SPD. Der vermeintliche Hackerangriff sei vom Regierungssprecher als Angriff auf die Privatperson Schulze Föcking gegeißelt worden. Jetzt aber entpuppe sich der Angriff als "Bedienfehler des heimischen Videorekorders", sagte Christian Dahm, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. Die Landtagsfraktionen hätten sogar eine Solidaritätserklärung abgegeben und den vermeintlichen Angriff gegeißelt, so Dahm.

Die Ministerin würde zudem Amtsgeschäfte und Privatinteressen vermischen, da sie in ihrer Erklärung mitteile, dass ihr Mann Strafanzeige gestellt habe - wegen Einbrüchen in den Familienbetrieb, mit dem die Ministerin nichts zu tun haben wolle. Dahm wertet das als Beleg ihrer Überforderung.

Nach Angaben des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes (RLV) kommt es immer häufiger zu solchen Einbrüchen. Derzeit werden diese Delikte noch nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst. "Das Land NRW plant jedoch, dies zu ändern und künftig das Kriterium ,landwirtschaftliche Betriebe' in die PKS aufzunehmen", erklärte ein Sprecher von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) auf Anfrage unserer Redaktion. Aus technischen und organisatorischen Gründen werde dies jedoch frühestens ab dem 1. Januar 2019 möglich sein. "Der Einbruch in einen Stall ist als Hausfriedensbruch zu werten", sagte der Sprecher.

Der RLV appelliert an alle Landwirte, Einbrüche zu melden. "Für die betroffenen Familien ist ein Einbruch in die Stallanlagen mit einem Einbruch ins Privathaus zu vergleichen, der psychische Druck ist enorm groß", sagte RLV-Sprecherin Marilena Kipp. Auch die Tiere würden dadurch gestresst. Zudem könnten auf diesem Weg Krankheitserreger in die Stallungen eingeschleppt werden.

Die veröffentlichten Videos von selbst ernannten Tierschützern, die bei Stalleinbrüchen gemacht werden, wirkten oft sehr bedrohlich, so Kipp. "Doch man darf nicht vergessen, dass sie meistens nachts im Dunkeln entstehen und keine Alltagsszenen zeigen." In jeder Tierhaltung käme es vor, dass ein Tier erkranke. Diese Tiere würden dann abgesondert und behandelt. Solche Bilder könnten jedoch völlig aus dem Zusammenhang gerissen werden. "Die Frage ist daher auch: Wie oft wird in Ställe eingebrochen, in denen alles in Ordnung ist? Diese Bilder werden nicht gezeigt", sagte Kipp.

(csh)
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