Rhein-Ruhr-Express Wie der RRX-Lärmschutz funktionieren soll

Düsseldorf · Ein heikles Thema an der Strecke des Rhein-Ruhr-Express ist der Lärmschutz. Dafür will die DB Netz AG rund 200.000 Quadratmeter Schallschutzwände bauen. Einer Düsseldorfer Bürgerinitiative geht das nicht weit genug.

 Hochabsorbierende Schallschutzwände halten zwar einen Teil des Lärms der fahrenden Züge ab, finden aber nicht bei allen Anwohnern an der Strecke Anklang.

Hochabsorbierende Schallschutzwände halten zwar einen Teil des Lärms der fahrenden Züge ab, finden aber nicht bei allen Anwohnern an der Strecke Anklang.

Foto: Deutsche Bahn

Verkehr bedeutet Lärm, egal ob auf der Straße, in der Luft oder auf der Schiene. Und auf eine steigende Lärmbelastung reagieren Anwohner allergisch. Insofern zählt der Schallschutz an der geplanten Strecke des Rhein-Ruhr-Express (RRX) von Köln nach Dortmund zu den zentralen Aspekten des rund 2,7 Milliarden teuren Infrastrukturprojekts, dessen Bau nächstes Jahr beginnt.

Hängt doch die Akzeptanz der Schnellbahn auch davon ab, wie umweltverträglich sie ist. "Trotz deutlich mehr Zügen und einer Taktung von 15 Minuten rechnen wir nur mit zwei Dezibel mehr Lärm", erklärt Michael Kolle, Projektleiter RRX bei der DB Netz AG. Erklärtes Ziel sei es aber, den Schallpegel deutlich zu senken.

Dazu wird nicht gemessen, sondern gerechnet. "Während eine Messung nur den Ist-Wert berücksichtigt, also etwa in diesem Moment fahrende Züge, orientieren sich Berechnungsverfahren am erwarteten, maximalen Verkehrsaufkommen", sagt Kolle. Prognosezeitpunkt ist das Jahr 2025. Vorteil zwei: Es wird immer die ungünstigste Wetterlage angenommen, bei der der Wind den Schall weit trägt. Wie laut es sein darf, regelt die 16. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV).

Unterschieden wird noch in Abschnitte, in denen für den RRX gebaut werden muss, und in diejenigen, in denen das nicht der Fall ist — sogenannte Baulücken. Dort gelten die Grenzwerte, die dem Lärmsanierungsprogramm des Bundes zugrunde liegen. Wo neu gebaut wird, müssen in der Regel die strengeren Auflagen der Lärmvorsorge eingehalten werden. Kolle: "Generell berechnen Experten für jedes Haus entlang der Strecke die exakte Schallbelastung."

Das Mittel der Wahl, um den Lärm herunterzupegeln, sind hochabsorbierende Schallschutzwände. Aus akustischer Sicht sollten diese so hoch wie möglich sein, technisch gehe es nicht höher als sechs Meter, sagt Kolle. "Städtebaulich sind aber vier Meter oft sinnvoller", erklärt der Projektleiter. Insgesamt werden auf der Strecke rund 200.000 Quadratmeter an Schallschutzwänden verbaut, sie schlucken je nach Höhe bis zu 15 Dezibel Lärm — eine Reduzierung von zehn Dezibel wird bereits als Halbierung der Lautstärke empfunden. In Teilbereichen kommen auch sogenannte Besonders überwachte Gleise (BÜG) zum Einsatz. Sie sind extra geglättet und werden von speziellen Zügen immer wieder nachgeschliffen. Lärmreduktion: mindestens drei Dezibel.

Der heikelste Abschnitt liegt im Norden von Düsseldorf

Wo der aktive Schallschutz nicht ausreicht, dürfen Anwohner passive Maßnahmen geltend machen, beispielsweise Dämmungen von Fenstern, Wänden oder Dächern. Dazu werden die Häuser von einem unabhängigen Gutachter schalltechnisch untersucht. Die Kosten werden von der Bahn zu 100 Prozent übernommen. "Der passive Schallschutz gilt aber nur für Räume, in denen sich die Anwohner dauerhaft aufhalten, also beispielsweise nicht für Toiletten", sagt Kolle.

Der heikelste Abschnitt der RRX-Strecke ist der durch den Norden der Landeshauptstadt. Die Strecke verläuft mitten durch den Düsseldorfer Stadtteil Angermund. Grundsätzlich ist der RRX eine gute Nachricht für die Anwohner: Weil die heute schon viel befahrene Strecke für das neue Zugsystem erweitert wird, haben sie erstmals ein Recht auf Lärmschutz. Allerdings beklagt eine Bürgerinitiative, dass die Bahn mehr tun soll als bislang geplant.

Die rund 200 Mitglieder starke Initiative lehnt die geplanten meterhohen Lärmschutzwände als nicht ausreichend ab. Sie wünscht sich stattdessen eine sogenannte Einhausung: Die Gleise sollen demnach auf rund einem Kilometer tiefer gelegt und mit einem Dach überbaut werden. "Dadurch würde der Lärm sozusagen eingepackt", sagt Elke Wagner von der Bürgerinitiative. Sie ist überzeugt, dass das eine innovative Lösung auch für andere viel befahrene Zugstrecken sein kann. "Der Lärmschutz muss mit dem Zugverkehr mitwachsen."

Die Deutsche Bahn überprüft die Einhausung derzeit noch hinsichtlich der damit verbundenen Eingriffe. In vertraulichen Gesprächen ringen Bürger und Bahn derzeit um einen Kompromiss, bislang ist der nicht in Sicht. "Je mehr gemacht wird, desto mehr muss man auch in Fremdgrund eingreifen", sagt Kolle — etwa Häuser abreißen oder Gärten zubauen. Was die Lärmentwicklung durch den RRX in Angermund betrifft, ist er zuversichtlich. "Wer dort heute mit offenem Fenster schläft, kann es auch in Zukunft."

Forderung nach durchsichtigen Wänden

Ein weiteres Thema ist die Ortsverträglichkeit — also beispielsweise die Frage, ob Schallschutzwände die Landschaft verschandeln. Gefordert werden daher oft durchsichtige Wände, wie sie in den Niederlanden vermehrt verbaut werden.

"Transparente Wände schirmen den Lärm zwar zu einem gewissen Teil ab, absorbieren ihn aber nicht", sagt Kolle. Apropos Technik: Zur Lärmreduktion tragen auch schon die neuen Züge bei, mit Wirbelstrombremsen und einer besseren Aerodynamik. So soll der RRX nicht nur schneller, sondern auch leiser werden.

Die Serie: In zehn Teilen stellen wir das große Verkehrsprojekt Rhein-Ruhr-Express mit seinen vielen Facetten vor.

(arl)
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