Rheinische Lösung Was Rheinländer vom Arbeiten halten

Meinung | Düsseldorf · Fleiß ist eine rheinische Tugend. Doch wer den Rheinländern das Arbeiten als süße Pflicht verkaufen will, stößt auf gesunde Skepsis. Das schlägt sich auch in der Sprache nieder.

 So fleißig waren dereinst die Heinzelmännchen in Köln.

So fleißig waren dereinst die Heinzelmännchen in Köln.

Foto: Reuter, Michael (mreu)

Die Einstellung des Rheinländers zur Arbeit ist ambivalent. Sonst gäbe es die Heinzelmännchen nicht, die legendären Helfer in der Nacht, die einstmals in Köln alles erledigten, was tagsüber liegen geblieben war. Geblieben ist die Grundeinstellung, die mancher beim Warten auf einem Handwerker beklagt: „Küttste hütt nett, küttse morjen.“ Da scheint selbst der Arbeitgeberverband mit seinem Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter (einem Westfalen!) eine Rheinlandisierung der Arbeitswelt festgestellt zu haben. Kampeter forderte jüngst: „Mehr Bock auf Arbeit.“ Meine Oma, eine fleißige Frau mit gesunder Skepsis gegenüber Ausbeutung, hätte dazu gesagt: „Arbeet macht dat Leben süß, dat maake die Riieche de Ärme wies.“ Sie selbst kannte keine Ruh´, wollte aber nicht akzeptieren, dass Arbeit als süße Last angepriesen wurde.

Im Rheinischen wird das Arbeiten in all seinen Ausprägungen vielfältig beschrieben. Ne Fummelspitter kriegt irgendwie hin, was er zu erledigen hat. Wer schuftet oder malocht, haut richtig rein. Die Steigerung dazu heißt in Düsseldorf wullacke oder brassele. Davon lehnt sich auch die rheinische Bezeichnung für Stress ab: mer send em Brass. Das kommt, wie so viele Wote in der Mundart, aus dem Französichen (le Bras – der Arm). Wer es ruhiger angeht, seine Fonxijohn (Aufgabe) nicht sachgerecht erfüllt, wird als Tronsfonzel (da leuchtet kaum was) tituliert. Im Bergischen, da wo der Fleiß zu Hause ist, hieß es früher: „Da wolle mer wacker was tun.“

Ausreden aber, warum gerade heute der falsche Zeitpunkt zum Anpacken ist, gibt es immer. Wie heißt es in Köln: „Die Ärbeed es kenne Has, die jehnt net laufe.“ Oder: „Wenn das Arbeiten leicht wäre, ding ich et selber.“ Oder: „Zu Dud gearbeitet, es och jestorve.“ Mein Vater hatte für vieles Verständnis, aber nicht für Drückeberger. Er sagte: „Die sind be Fuul und Mööd in der Reesterei.“ Die waren also in der Ruheabteilung der Firma Faul unnd Müde. Klingt nicht nett, war aber net bös gemeint. Über allem schwebt die Erkenntnis, die auch Steffen Kampeter gefallen sollte: Arbeed jibt Brut, Müßigang Nut. Zu meiner Schulzeit gab es in diesem Sinne noch et Fleeßkätche en de Scholl.