Rheinländer lieben laute Blaskapellen Mit Pauken und Trompeten

Meinung | Düsseldorf · Wenn’s ans Musikmachen geht, sind Rheinländer nicht zimperlich. Zum Schützenfest darf ordentlich getrommelt und trompetet werden. Dabei kann für die Musiker einiges an Laufstrecke zusammenkommen.

 Das Schützenfest Unges Pengste in Korschenbroich.

Das Schützenfest Unges Pengste in Korschenbroich.

Foto: Christoph Reichwein (crei)/Christoph Reichwein (CREI)

Im Rheinischen darf Musik auch schon mal schön laut sein. Dafür gibt es sogar spezielle Orchester mit einem eindeutigen Leistungsversprechen. Die Knallkapell sorgt für Tschingderassabumm und spart nicht an Pauken und Trompeten. Die Geräuschkulisse ist dann so intensiv, dass sie gern auch als Wecker genutzt wird. In Neuss ist das für Neubürger ein besonderes, fast schon erweckendes Erlebnis, zum Schützenfest morgens in aller Frühe aus dem Bett getrommelt zu werden. Solange die Musiker mitspielen, ist für die Schützen die Welt noch in Ordnung.

In Mönchengladbach aber kam es jetzt zum Streik. Eine auswärtige Kapelle hatte sich im Vertrag nicht nur die Spielzeit, sondern auch die Laufstrecke verbindlich zusagen lassen. Am ersten Tag mussten die Musiker dann sage und schreibe 850 Meter mehr laufen als vereinbart. Sie kündigten (Met oss nett) und verschwanden auf Nimmerwiedersehen. Der gastgebende Präsident war sauer und sagte dem Dirigenten auf rheinisch, was er von ihm hält: „Bloss mech jett.“

Korschenbroich: Fotos von der Modenschau vor dem Königsball an Unges Pengste
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Auf High Heels bei der Modenschau zum Königsball

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Foto: Bärbel Broer

Zu Fuß unterwegs zu sein, ist im Rheinischen Gewöhnungssache. Selbst die Trierpilger – aus dem Dorf mit K. gut und gern 240 Kilometer unterwegs („Da musse durch“) – dürfen aber zwischendurch auch schon mal im Bus sitzen. Soviel Komfort gibt es für Schützenkönige nicht. Seine Majestät in Neuwerk zählte sogar seine Schritte und hatte schon zu Mittag nahezu erreicht, was der Arzt ihm für Normaltage empfohlen hat: 9076 von 10.000 Schritten. Sein Kommentar dazu: „Min Fööt sent am qualme.“ Nützte ihm aber nichts, abends musste er dann auch noch tanzen.

Das kann der Oberbürgermeister von Mönchengladbach ohne sichtbare Mühe. Bei einem Festabend zeigte er den perfekten Wiener Walzer. Das jugendliche Stadtoberhaupt war so schwungvoll unterwegs, dass er seine Tanzpartnerin (eine Schützenkönigin) fast schwindelig tanzte. Dazu passt, was der Niederrheiner sagt, wenn er andere zu Bewegung anregen will: Lott jonn. Der Bürgermeister im Dorf mit K. hat einen Nebenjob, der allerdings nur Freibier einbringt. Er trommelt im Tambourkorps. Sein Motto in der Freizeit: Et ess noch Freud te krieje. Lautstark geht das am besten.

Unser Autor ist stellvertretender Chef­redakteur. Er wechselt sich hier mit Politik­redakteurin Dorothee Krings ab.

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