Rheinische Lösung Mehr Pragmatismus wagen!

Meinung | Düsseldorf · Der Rheinländer ist eigentlich dafür bekannt, das Unmögliche möglich zu machen. In der Corona-Bekämpfung könnte mehr von dieser Haltung helfen.

 Impfungen im Supermarkt sind in den USA zur Normalität geworden. In Deutschland ist man dagegen weit hinterher.

Impfungen im Supermarkt sind in den USA zur Normalität geworden. In Deutschland ist man dagegen weit hinterher.

Foto: AP/STEVE MARCUS

Die Rheinländer, sozusagen die Erfinder des Pragmatismus, müssen sich in diesen Tagen vormachen lassen, wie das richtig geht. Ihre eigene Düsseldorfer Regierung tut sich sichtlich schwer, wie jeder neuen Fassung der Corona-Schutzverordnung zu entnehmen ist. Dabei hat selbst der Bundespräsident (kein Rheinländer!) gerade noch einmal diese zupackende Art der Problemlösung eingefordert. Und auch das ausgezeichnete Forscher-Ehepaar Özlem Tureci und Ugur Sahin wäre nach eigenem Bekunden nicht zur schnellen Impflösung gekommen, hätte es nicht auf dem Weg zur Perfektion Stolpersteine pragmatisch überwunden.

Wer Problemlösung will, braucht die Bereitschaft zur unkonventionellen Herangehensweise. Joe Biden macht das so. Der US-Präsident lässt sogar im Supermarkt impfen: zwischen Gurken und Salat Ärmel hoch und fertig. Hierzulande braucht es einen Stapel Formulare. Hans-Christian Meyer, leitender Impfarzt aus Wermelskirchen, kämpft gegen solchen Bürokratismus. Er wollte gern mit Spezialspritzen sieben statt sechs Impfeinheiten aus den Fläschchen ziehen, durfte das aber lange nicht. Armin Laschet entschied schließlich: „machen“.

Die Debatte darum, was erlaubt ist und was nicht, sollte offener geführt werden. Klar dürfen Trinkgelage in einer Kneipe – wie jüngst in Wickrath aufgeflogen – nicht geduldet werden. Dennoch besteht durchaus Verständnis dafür, dass sich Wirte und Kulturtreibende Lockerungen wünschen. Wer aber über alternative Veranstaltungsformate nachdenkt, bekommt vom Amt die immer gleiche Antwort: Wissen wir nicht. Dabei gibt es im Rheinischen immer Möglichkeiten, im Unmöglichen das Machbare zu ergründen.

Jüngst hat das Pfarrer Ulrich Clancett in Jüchen bewiesen. Bei ihm gab es statt Aschekreuz auf der Stirn das Asche-Tütchen, gewissermaßen to go. In ihrem „Huusmeester Katschmarek“ haben die Bläck Fööss beschrieben, wie man pragmatisch handelt: Fehlt der Hammer, nehmen wir die Zange. Stichwort Astrazeneca. Wer (wie Jens Spahn) alles richtig machen will, macht manches erst recht falsch. Dem Westfalen sei empfohlen, rheinisch zu lernen: Mach et joot, ävver nit ze off.

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