Rheinische Lösung Die dollsten Geschichten

Meinung | Düsseldorf · Rheinländer lieben kuriose Anekdoten. Und für eine gute Erzählung darf auch übertrieben werden. Manchmal landet man dabei sogar vor dem „Tor zur Hölle“.

Vorbild für rheinische Erzähler mit viel Phantasie: Lügenbaron Mûnchhausen. Hier verkörpert von Hans Albers beim Ritt auf der Kanonenkugel.

Foto: Jauch und Scheikowski/Fantasy-Film Jauch und Scheikowski

Münchhausen könnte wohl auch ein Rheinländer gewesen sein. So unglaublich und kurios sind nicht selten die Geschichten, die hierzulande zum Besten gegeben werden, dass sie dem Lügenbaron aus dem Braunschweigischen alle Ehre gemacht hätten. Dabei betont der Vortragende im Rheinischen gerne, dass er das Berichtete selbst erlebt, zumindest davon gehört, es aber keineswegs erfunden habe. Die Entscheidung über den Wahrheitsgehalt solcher Vertellcher, gern auch Dönekes genannt, bleibt den Zuhörern überlassen. Manchmal wird dazu gelacht, oft geschmunzelt, kaum aber öffentlich gezweifelt. Denn der Stoff, aus dem die rheinischen Märchen sind, eignet sich wunderbar zum Weitererzählen; „Huer ens, ech mott öch jett vertälle.“ So gebe auch ich heute wieder, was ich jüngst erfahren habe, als ein Kreis gestandener Männer, beileibe keine Quatschwiever, aber dennoch tratschend zusammensaß.

Zunächst war die Rede von Luise, der Schulkameradin aus Kindertagen, die heute zwischen Marbella und Dubai lebt und nur selten in ihr Heimatdorf kommt. Jetzt erfuhr ich, dass ihre Oma mich seinerzeit als passende Partie ausgemacht hatte: Da biste versorgt. Dann kam eine (andere) Plaudertasche auf die Karrieregeschichte eines Bäckersohnes zu sprechen, den es in die USA verschlagen hatte. Mit Black Forest Cherry Cake (Schwarzwälderkirsch!) wurde er dort (man staune) zum Kuchenmillionär. Die letzte Story war die spannendste. Ein Berater für alle Lebensfälle schilderte den außergewöhnlichsten Auftrag, der an ihn herangetragen wurde. Ein Ehepaar habe sich bei ihm, einem Kirchenkundigen, gemeldet, damit er auf ihrem Bauernhof das „Tor zur Hölle“ verschließe. Dort in der Waschküche kämen, so die Schilderung, stets ungute Gefühle auf. Tatsächlich fand sich ein Pfarrer, der mit Weihwasser anrückte, um die Verunsicherten zu beruhigen. Allerdings nur für kurze Zeit. Über den weiteren Fortgang ist nichts bekannt, kann aber noch kommen, denn rheinische Geschichten enden nie. Und wenn sie nicht vergessen werden, erzählt man sie noch heute.

Unser Autor ist stellvertretender Chefredakteur. Er wechselt sich hier mit Politikredakteurin Dorothee Krings ab.