Rheinische Lösung Erfolg im Leben geht auch mit Bauch

Meinung | Düsseldorf · Bei der Mannschaftsauswahl im Schulsport zählen Aussehen, Erfolgschancen und freundschaftliche Kontakte. Später im Leben werden andere Eigenschaften wichtiger.

 Im Sportunterricht in der Schule werden bei Teamaufstellungen oft sportlich gebaute Menschen bevorzugt - andere haben das Nachsehen. (Symbolfoto)

Im Sportunterricht in der Schule werden bei Teamaufstellungen oft sportlich gebaute Menschen bevorzugt - andere haben das Nachsehen. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Waltraud Grubitzsch

Was beim Bachelor zu beobachten war, kennt wohl jeder Rheinländer: Seine Gunst zu vergeben, ist eine Kunst. Das geschieht selten mit Rosen, ist eher von praktischen Erwägungen bestimmt. Ich selbst habe das bereits im zweiten Schuljahr lernen müssen. Das schönste Mädchen in der Klasse (Luise) konnte sich aussuchen, ob sie als Gunstbeweis von Kuno das bestens belegte Butterbrot nahm oder sich von Heinz-Josef die Schultasche nach Hause tragen ließ.

Ich selbst fand das doof und wurde, weil stämmig gebaut, gehänselt: Aus Horst wurde dann Hoss, was mich nur ein bisschen ärgerte, denn der gleichnamige gewichtige Cartwright-Sohn aus der Kult-Western-Serie ­Bonanza, stand für eine Perspektive, die ich den Mitschülern kundtat: „Hoss ist reich und berühmt.“ Für mich war klar, Bauch ist kein Hinderungsgrund für Erfolg. Allerdings gab es für meine Gewichtsklasse später auch unangenehme Bachelor-Momente. Wenn im Sportunterricht die Teams aufgestellt wurden, waren die kleinen Dicken auf die Gnade der Spielführer angewiesen. Ich hatte meist Glück, weil mich gute Freunde aufnahmen. Die Frage der Auswahl war schon zum Start in die Schulzeit entscheidend. Manchmal ist es ganz schön blöd, sich zu schlau anzustellen. Beim Sehtest war ich der dritte Prüfling. Ich sah kaum etwas, hatte aber mitbekommen, was die Kandidaten vor mir gesagt hatten. Das wiederholte ich brav und bestand. Das hatte später natürlich Nachteile. Da musste dann doch eine Brille her. Im ersten Schuljahr galt es, die Lehrerin zu überzeugen. Als Quasselstrippe bekam ich schnell den passenden Kommentar: „Kann man das Radio auch abstellen?“ Meiner Mutter soll ich damals gesagt haben: „Das halte ich keine sechs Wochen aus.“

Und dann folgten viele Jahre ­Böffele op de hühere Scholl. Am Ende ist mir sogar ein über den Bachelor hinausgehender Uni-Abschluss gelungen. Die Kölner haben dazu eine Redensart parat: „Et gitt mih Saache em Himmel un op Ääde, wie öör Schullweisheit sich dräume liet.“ Was wohl aus Luise geworden ist?

Horst Thoren ist stellvertretender Chefredakteur unserer Redaktion. Er wechselt sich mit der Politikredakteurin Dorothee Krings wöchentlich ab.

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