Kommentar zu Ermittlungen Polizei hat in Lügde doch noch Tritt gefasst

Meinung | Düsseldorf · Die Verlagerung von enormen Polizei-Kapazitäten nach Lügde führt zu Verzögerungen bei anderen Kriminalfällen. Daran gibt es Kritik. Trotzdem ist die Entscheidung des Innenministers richtig gewesen.

Der tausendfache Missbrauch von Kindern in Lügde gehört zu den schlimmsten Kriminalfällen der Landesgeschichte. Und zu den spektakulärsten: Neben den monströsen Taten beschäftigen auf mysteriöse Weise verschwundene Beweismittel, absonderliche Polizeipannen und Aktenmanipulationsversuche  in mindestens einem Jugendamt die öffentliche Aufmerksamkeit.

Offenbar war der Preis für die Konzentration von enormen polizeilichen Kapazitäten auf diesen Fall nur zulasten von Ermittlungen in anderen Kriminalfällen möglich. Der Unmut der betroffenen Ermittler, denen deshalb Personal weggenommen wurde, ist verständlich. Trotzdem ist die Verlagerung von Kapazitäten nach Lügde angesichts der hohen Opferzahl und auch angesichts der Prominenz des Falles nachvollziehbar. Hätte der Innenminister auf den anfangs schleppenden Gang der Ermittlungen weniger entschlossen reagiert, wäre die landesweite Empörung noch viel größer gewesen.

Offenbar hat die Polizei in Lügde inzwischen auch Erfolg: Die Ermittlungen sind so gut wie abgeschlossen, der Versand der Anklageschrift steht unmittelbar bevor. Bei der unfassbaren Menge an Beweismaterial, das dafür gesichtet werden musste, und angesichts der Komplexität dieses Falles  ist das ein erstaunlich früher Termin. Es sieht so aus, als habe die Polizei im Fall Lügde doch noch Tritt gefasst und kann einer geordneten Justiz nun brauchbare Akten vorlegen.

Es ist wichtig, das nach all den Pannen auch die Fortschritte auch einmal anzuerkennen. Denn allzu einseitiges Polizei- und Justiz-Bashing nährt Verschwörungstheorien und radikalisierende Staatsverdrossenheit.  NRW hat eine funktionierende Polizei und eine funktionierende Justiz. Es gibt Verbesserungsbedarf. Aber selbst Lügde ist kein Anlass, an unserem Staat zu verzweifeln.

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