Pianist Tokarev mit Hammer und Meißel

Welch edler Klangkörper das BBC Symphony Orchestra aus London doch ist! Die groß besetzten Streicher sangen wie aus einer Seele und erlitten in der Tonhalle mit Wagner "Isoldes Liebestod". Schon das Tristan-Vorspiel schien zunächst aus dem Nichts zu kommen mit nicht enden wollenden Pausen zwischen den Sextaufschwüngen, geriet dann in höchste Ekstase. Der Streicherapparat spielte in innigster Verflechtung der Stimmen und zeigte höchst rare Qualitäten an Klangkultur.

Der Pianist Nikolai Tokarev war vor wenigen Wochen noch mit Prokofjews Erstem Klavierkonzert zu hören. In Liszts Zweitem (als Beitrag zum Liszt-Jahr) ging es nun nicht weniger fulminant zu. Tokarev erhob sich oft von seiner Klavierbank, um die donnernden Oktavläufe mit Hammer, Meißel oder was sonst an Handwerkszeug herumlag, in die Tastatur einzuarbeiten.

Doch er konnte auch anders: etwa mit der Solocellistin Susan Monks ein inniges Duett spielen. Die Kontraste wurden von ihm und dem Dirigenten Jiri Belohlavek nicht bloß vorgeführt, sondern ausgeformt.

Der Beginn des Klavierkonzerts schien zunächst Liszt-Klischees Lügen zu strafen mit einem samtenen Bläsersatz, der eine weitere Facette des Orchesters aufzeigte. All dies kam auch Schostakowitschs 15. Symphonie zugute, die erst kürzlich in einem anderen Symphoniekonzert zu hören war. Alles ist offen komponiert, so dass sich Solisten aller Abteilungen entfalten konnten (wiederum: die Cellistin!). Der Tod klopfte mit uhrwerkspräzise pochenden und rasselnden Schlagzeug-Passagen an.

Mit den Zugaben grüßte man Düsseldorf (Mendelssohn) und die Heimat des Dirigenten (Smetana). Einige Zugaben kamen indes während des gesamten Konzerts von der Husten- und Schnupfenfraktion, ärgerlicherweise während der langsamsten und leisesten Stellen.

(RP)
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