Münster Pfiffe und Buhrufe gegen AfD in Münster

Münster · Die Partei hatte zum Neujahrsempfang ins historische Rathaus der Stadt geladen. Wegen angekündigter Proteste war das Polizeiaufgebot bereits am Nachmittag groß. Anwohner und Geschäftsleute setzten mit EU-Fahnen Zeichen.

Dunkel, eiskalt und laut ist es am Abend in der Münsterschen Innenstadt geworden - die Geschäfte am Prinzipalmarkt haben schon seit dem Nachmittag geschlossen; viele Händler haben selbst die Schaufenster-Beleuchtung gelöscht - als Zeichen des Protestes. "Für ein weltoffenes, friedliches Münster", steht auf Plakaten in den Läden, vor etlichen ist eine Europaflagge gehisst. Rund 8000 Demonstranten haben sich gestern rund ums Rathaus versammelt, um sich gegen die AfD zu stellen: mit Buhrufen, Pfiffen und Rockmusik.

Die Polizei ist mit einem massiven Aufgebot vor Ort, die Innenstadt weiträumig abgeriegelt, der Nahverkehr wird seit dem Mittag umgeleitet. So viel Aufmerksamkeit hätte der Neujahrsempfang des AfD-Kreisverbandes Münster vermutlich nicht erregt - hätten sie nicht Parteichefin Frauke Petry und ihren Ehemann, NRW-AfD-Chef Marcus Pretzell, als Ehrengäste angekündigt. Die Polizei begleitet die rund 300 geladenen Gäste der AfD Münster über Nebeneingänge ins Rathaus - unter lautstarkem Protest. Doch die Gäste müssen sich gedulden: Petry und Pretzell verspäten sich.

Nach und nach haben die Einzelhändler am Rathaus ihre Geschäfte geschlossen. "Die Fahnen haben wir extra bestellt. Wir wollen ein Zeichen für etwas setzen, nicht gegen etwas", sagt ein Sprecher der Kaufleute vom Prinzipalmarkt. Die Gemeinschaft der Kaufleute hätte sich zu diesem Schritt einstimmig entschieden. "Man muss das nicht gutheißen, was politisch hinter der Veranstaltung steckt, aber wegen der Großveranstaltung werden die Kunden hier heute sowieso ab 17 Uhr ausbleiben", sagt ein Händler am Rathaus. Und um 17.30 Uhr wird es laut. Die Demonstration des Bündnisses "Kein Meter den Nazis" erreicht den Markt. Die Polizei schätzt die Masse auf 4000 Menschen, später korrigiert sie die Zahl nach oben. "Rassistische Hetze ist in Münsters Rathaus nicht erwünscht!", heißt es in dem Aufruf eines Bündnisses aus Integrationsrat, Kirchen, Gewerkschaften und Kulturgruppen. Die Stadt hatte die Vergabe des Raumes an die AfD mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Parteien begründet. Dass sich die europakritische Partei ausgerechnet am Ort des Westfälischen Friedens treffen darf, stößt vielen in Münster jedoch übel auf. Die Kirchen setzten mit einem ökumenischen Gebet ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung.

Als Parteichefin Petry gegen 20 Uhr ans Mikro tritt, ist ihre Ansprache nicht allzu gut zu verstehen - die "Nazi raus"-Rufe von draußen dringen in den Festsaal. Auch die Musik der Rockband "Donots", die auf der Bühne in Hörweite spielt, übertönt die Redner. Weitere Bands sollen gegen die Veranstaltung anspielen. Petry referiert über den Westfälischen Frieden, konsequente Abschiebung und das "tolle Jahr 2016, das gezeigt hat, was erreicht werden kann". Gemeint sind die US-Präsidentschaftswahl und der Brexit. "Sie alle wollten nur ihr Land zurück, auch die Österreicher, Franzosen und immer mehr Menschen, die in Deutschland AfD wählen."

Ehemann Pretzell versucht sich in einer Kampfansage für die NRW-Wahl im Mai: "Sie werden sich an uns gewöhnen müssen." Und Petry betont angesichts der massiven Proteste, dass sie weitermachen würden, "bis es irgendwann normal wird, dass die AfD überall ist". Normal war der Abend in der Innenstadt in Münster nicht.

(RP)
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