Pressegespräch des Erzbistums Köln abgebrochen Vorerst keine Einblicke ins zurückgehaltene Missbrauchsgutachten

Köln · Das Erzbistum Köln wollte Journalisten Auszüge des Missbrauchsgutachten präsentieren, das noch immer unter Verschluss gehalten wird. Zunächst sollten die Reporter aber eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen. Diese lehnten das ab.

 Der Kölner Dom.

Der Kölner Dom.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

Das Bemühen des Kölner Erzbistums, in der Debatte um das noch immer zurückgehaltene Missbrauchsgutachten für mehr Transparenz zu sorgen, ist erst einmal gescheitert. So wurde jetzt ein Hintergrundgespräch mit einigen Journalisten im Kölner Generalvikariat ergebnislos abgebrochen.

Der Anlass für diesen ungewöhnlichen Vorgang: Die eingeladenen Medienvertreter sollten zunächst eine sogenannte Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Damit hätten sich die Journalisten rechtlich verpflichtet, weder über die Tathergänge aus dem Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu berichten noch möglicherweise benannte Verantwortungsträger des Erzbistums zu nennen. Da die Journalisten dies als einen erheblichen Eingriff ihrer auch künftigen Berichterstattung sahen, lehnten sie eine Unterzeichnung ab.

Ohnehin sollten nur Auszüge mit teilweise geschwärzten Passagen des WSW-Gutachtens vorgelegt werden. Damit wollte man jene methodischen Mängel belegen, die dazu geführt hatten, das Gutachten, das schon im März 2020 veröffentlicht werden sollte, unter Verschluss zu halten. Wie es hieß, waren im WSW-Gutachten nur 15 Missbrauchsfälle näher untersucht worden. Im neuen Gutachten hingegen - es wird verantwortet vom Kölner Strafrechtsexperten Professor Björn Gercke und wird am 18. März vorgestellt - sollen 236 Fälle sexuellen Missbrauchs begutachtet werden.

Anmerkung der Redaktion: Die Information, im WSW-Gutachten seien nur 15 Missbrauchsfälle näher untersucht worden, ist unzutreffend. Tatsächlich hat die Kanzlei WSW alle ihr vom Erzbistum Köln übergebenen Unterlagen ausgewertet und lediglich 15 Fälle für eine Darstellung im Gutachten in anonymisierter Form ausgewählt. Grund hierfür war insbesondere der Schutz von Opfern vor einer erneuten Traumatisierung.

Zugeschaltet zum geplanten Journalistengespräch war der Frankfurter Rechtswissenschaftlicher Professor Matthias Jahn, der zuvor der WSW-Studie attestiert hatte, keine „taugliche Grundlage“ zu sein. Sie leide nach seinen Worten „an durchgreifenden methodischen Mängeln, so dass die dort vorgenommene Zuschreibung persönlicher Verantwortlichkeit von Entscheidungsträgern des Erzbistums Köln aus rechtswissenschaftlicher Sicht im Ganzen zweifelhaft ist.“ Während die WSW-Studie nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, ist das „Gegengutachten“ im Internet publiziert.

Der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki hatte bereits Ende 2018 die WSW-Studie in Auftrag gegeben, mit dem vor allem Verantwortliche in der Bistumsleitung benannt würden, die Aufklärung von sexuellem Kindesmissbrauch durch katholische Priester verhindert oder beeinträchtigt hätten. Der Kölner Kardinal wie auch sein Generalvikar Markus Hofmann hatten an dem Hintergrundgespräch nicht teilgenommen, da sie nach Auskunft des Erzbistums die unabhängige Studie bis heute nicht kennen und ihnen in der ausschnitthaften Präsentation keine Einblicke gewährt werden durften.

Jetzt soll geprüft werden, ob ein neues Hintergrundgespräch mit Journalisten in der nächsten Woche angesetzt werden kann. Bis dahin soll unter anderem geklärt werden, ob auf eine Verschwiegenheitserklärung in dieser Form oder auch ganz verzichtet werden kann.

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