Prozess in Wuppertal Mieter gesteht Schuld an Explosion - „Ich empfinde tiefe Scham“

Wuppertal · Vor sieben Monaten erschütterte eine gewaltige Explosion einen Stadtteil in Wuppertal. Ein mehrstöckiges Wohnhaus fing Feuer und stürzte Stunden später ein. Nun hat einer der Mieter vor Gericht die Tat gestanden. Er ist wegen 21-fachen Mordversuchs angeklagt.

Wuppertal: Explosion zerstört Wohnhaus komplett
20 Bilder

Wohnhaus-Explosion - Wuppertaler Feuerwehr im Großeinsatz

20 Bilder
Foto: dpa/Henning Kaiser

Nach der verheerenden Explosion und dem Einsturz eines Wohnhauses in Wuppertal hat einer der Mieter die Tat gestanden. Er habe sich umbringen wollen und dazu die Gasleitung geöffnet, sagte der 54-Jährige beim Prozessauftakt am Mittwoch. Er ist am Landgericht wegen 21-fachen Mordversuchs angeklagt. „Ich bitte alle Bewohner um Verzeihung. Ich weiß, dass ich die Verantwortung trage. Ich habe das nicht gewollt.“

Die Explosion hatte die vordere Fassade des Hauses weggesprengt und das Gebäude in Brand gesteckt. Einer der Bewohner war durch die Wucht der Detonation auf die Straße geschleudert worden. Er schwebte in Lebensgefahr und ist seither ein Pflegefall. Stunden später war das Mehrfamilienhaus eingestürzt.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem deutschen Angeklagten vor, die Explosion vor sieben Monaten heimtückisch und gemeingefährlich verursacht zu haben. Insgesamt rund 30 Menschen, darunter auch kleine Kinder und Jugendliche, hatten in der Nacht zum 24. Juni 2018 auf einen Schlag ihr Zuhause verloren.

Seit seinem 21. Lebensjahr sei er Alkoholiker mit wenigen „trockenen“ Phasen. Er habe bereits mehrere Suizidversuche und Aufenthalte in Psychiatrien hinter sich. Zuletzt habe er von Sozialleistungen und Ein-Euro-Jobs gelebt. „Ich bitte um Nachsicht, dass ich mich bisher nicht geäußert habe. Ich empfinde tiefe Scham“, erklärte der Wuppertaler.

Einen Tag vor der Explosion habe er seinen 54. Geburtstag gefeiert. Zur Feier sei auch seine Frau gekommen, die sich von ihm getrennt hatte. Sie sei lange geblieben. Er habe vergeblich versucht, sie zur Rückkehr zu bewegen. Danach habe der den Entschluss gefasst, sich umzubringen - diesmal mit Gas. Kurze Zeit später habe er sich eine Zigarette anstecken wollen. Warum er auf die Idee mit der Zigarette kam, wisse er nicht mehr.

Die Explosion hatte die Wohnstraße kurz vor Mitternacht am 23. Juni erschüttert. Schutt, Steine, Fensterrahmen und Möbel bedeckten die Straße. Ein parkendes Auto war vom Trümmerhagel völlig zerstört worden. Außer dem 54-Jährigen wurden vier weitere Menschen verletzt. Die Nachbarhäuser mussten zunächst ebenfalls evakuiert werden.

Die anderen Verletzten erlitten Rauchvergiftungen oder zogen sich Wunden beim Sprung in die Rettungskissen der Feuerwehr zu. Der 54-Jährige habe in Kauf genommen, dass seine Nachbarn sterben könnten, sagte Staatsanwalt Hauke Pahre. „Es war nur ein glücklicher Zufall, dass keine Bewohner zu Tode gekommen sind.“ Der Prozess wird fortgesetzt.

Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Die Telefonseelsorge ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222.

(siev/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort