Erkelenz Wie Politiker aus Erkelenz das mögliche Szenario bewerten

Erkelenz · Gestern war es das Thema im politischen Erkelenz: Was bedeuten die Nachrichten vom möglicherweise früheren Ende des Braunkohlentagebaus für die Stadt und was das Dementi von RWE?

"Bei mir löst das große Ratlosigkeit aus", gab Rainer Merkens, der Fraktionsvorsitzende der CDU, zu. "Der heutige Tag wirft bei mir nur viele Fragen auf." Er sehe die nordrhein-westfälische Landesregierung und den Energiekonzern jetzt in der Schuld, den Menschen schnell Klarheit zu verschaffen: "Das Wechselbad der Gefühle ist unbeschreiblich."

Starke Gefühlswechsel thematisierte auch Hans Josef Dederichs, stellvertretender Sprecher der Grünen-Fraktion im Stadtrat und selbst von der bevorstehenden Umsiedlung betroffen: "Ich bin drauf und dran, einen Sekt kaltzustellen — ich glaube aber eher an einen Poker von RWE auf unserem Rücken und bin skeptisch." Seiner Meinung nach will der Energiekonzern mehr Unterstützung vonseiten der Bundespolitik erreichen. "Wenn das nur Taktik ist, wäre das menschlich unmöglich, dann würde mit unseren Lebensläufen gespielt."

Zu Vorsicht rät Rainer Rogowsky. Der Fraktionsvorsitzende der Erkelenzer SPD warnt vor zu viel Euphorie, "um keine falschen Hoffnungen zu wecken". Seine Partei fordere zuerst einmal Klarheit. Deshalb wurde gestern ein Antrag an Bürgermeister Peter Jansen auf den Weg gebracht: "Er soll sich fundiert bei RWE informieren und dem Stadtrat schnell berichten." Erst dann könne gesagt werden, ob seine erste Reaktion von gestern stimme: "Ich sehe die Nachrichten im Grunde erst mal positiv. Stimmen sie, müssten die Menschen, die noch umsiedeln müssen, das nicht mehr. Das wäre eine große Erleichterung für ganz Erkelenz."

Am Sonntag wird im Immerather Dom die letzte Messe gehalten. Danach wird die katholische Pfarrkirche St. Lambertus entwidmet. "Der Gemeinde graut es vor diesem Tag, und die jetzt aufflammende Hoffnung macht diese Situation noch schwerer", erklärte Rainer Merkens. Der CDU-Politiker ist zugleich Mitglied im Kirchenvorstand. Für ihn werde "mit den Existenzen der Menschen gespielt, die sich in der Umsiedlung befinden, denen aus Immerath und Borschemich, und denen die Umsiedlung noch bevorsteht, denen aus Keyenberg, Kuckum, Ober- und Unterwestrich sowie Berverath". Er würde gerne annehmen, dass der Tagebau bald ausläuft, "allein mir fehlt der Glaube".

Er suche nun Antworten: "Das in den Nachrichten angedeutete Ende läge genau dann, wenn der Tagebau die Autobahn erreichen würde. Was würde das bedeuten? Dass Immerath bleibt? Würde die Kirche bleiben, die jetzt entwidmet wird? Bleibt die A 61? Oder steckt in der Nachricht mit dem Hinweis auf wegbrechende Arbeitsplätze ein Hilfeschrei an Land und Bund? Oder ahnt RWE, wohin die Entscheidung in Karlsruhe geht?" Dort steht vor dem Bundesverfassungsgericht noch eine Entscheidung aus, ob Zwangsumsiedlungen für deutsche Tagebaue rechtens sind.

(spe)
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