Düsseldorf Wenige Straßen nach Frauen benannt

Düsseldorf · Gerade einmal knapp zehn Prozent aller Straßenschilder erinnern an Frauen, die Geschichte geschrieben haben. Das Vorschlagsrecht für eine Straßenbenennung hat jeder, und häufig machen Bürger, Vereine oder Firmen auch davon Gebrauch.

Düsseldorf: Wenige Straßen nach Frauen benannt
Foto: Andreas Bretz

Ein Versuch der Annäherung. Streng sieht sie aus. Schmale Lippen, kühler Blick, das schwarze Kleid hochgeschlossen — so mustert Luise Dumont im Stadtmuseum den Betrachter. Eine ernste Frau muss sie gewesen sein, diszipliniert und hart arbeitend. Ein kurzes Sträßchen am Hofgarten trägt ihren Namen, erinnert nicht weit vom Schauspielhaus an diese Frau, die das Theater liebte.

Düsseldorf: Wenige Straßen nach Frauen benannt
Foto: Andreas Bretz

1862 wurde sie in Berlin geboren, feierte frühe Erfolge als Schauspielerin (auch eine Briefmarke der Post erinnert an sie in ihrer Rolle als Hedda Gabler) und gründete schließlich gemeinsam mit Gustav Lindemann 1905 das Düsseldorfer Schauspielhaus. Berühmtester Schüler ihrer Theaterakademie war immerhin Gustaf Gründgens.

Von den 2750 Düsseldorfer Straßen ist nur jede zweite nach einem prominenten Menschen benannt. Die Übrigen tragen die Namen von Blumen, Vögeln, Städten — ob Schlesische Straße, Dahlienweg oder Friedhofstraße. Grundsätzlich entscheiden darüber die Bezirksvertretungen. Nur bei Straßen, die mehrere Bezirke tangieren oder denen eine übergeordnete Bedeutung zugebilligt wird, muss der Rat zustimmen. Das Vorschlagsrecht hat jeder, und häufig machen Bürger, Vereine oder Firmen auch davon Gebrauch.

Szenenwechsel in eine kurze, düstere Altstadtstraße, die den Namen einer großherzigen Frau trägt, die scheinbar keinen Vornamen hatte: Mutter Ey. Zur Erklärung steht unter dem Straßenschild: Johanna Ey, 1864-1947, Düsseldorfer "Künstlermutter." Tatsächlich wurde sie von unzähligen Künstlern geschätzt und porträtiert. Otto Dix ließ die Düsseldorfer Bäckersfrau als stolze Spanierin in Rot und Lila leuchten (das Gemälde hängt in der Kunstsammlung NRW) und Max Ernst rühmte sie im Versmaß: "Großes Ey, wir loben Dich. Ey, wir preisen deine Stärke."

Die Verehrung hatte handfeste Gründe: In der Bäckerei von Johanna Ey gab es für arme Künstler immer eine warme Mahlzeit auf Pump, und wer langfristig knapp bei Kasse war, zahlte irgendwann mit Kunst. So wuchs die "Sammlung Ey", und schließlich gründete sie eine Galerie mit dem Namen "Neue Kunst. Frau Ey", in der sie mit den Werken ihrer Schützlinge handelte. Ihre Biografin Anna Klapheck bescheinigt ihr "die Genialität der Naiven" und einen Verstand, der von Herzen kam. Gleichzeitig besaß sie aber auch einen unbestechlichen Sinn für das Originale.

Ihr Name steht für den Widerstand gegen das Naziregime: Tilde Klose, Auslandskorrespondentin der Mannesmann-Röhrenwerke. Entschlossen und willensstark muss diese Frau gewesen sein — damals, als sie von der Gestapo im Düsseldorfer Untersuchungsgefängnis verhört wurde und immer nur einen einzigen Satz sagte: "Ich verweigere die Aussage." Woher mag die behütete Tochter wohlhabender Eltern ihre Kraft gehabt haben? Tilde Klose war wohl schon früh ein unabhängiger Geist, fuhr mit 17 Jahren allein nach Paris, trat 1933 der kommunistischen Partei bei. Sie schloss sich einer Widerstandsgruppe an, vertrieb Flugblätter und illegale Zeitschriften.

Als die Gestapo ihr während der Verhöre versprach, sie würde vielleicht freigesprochen, wenn sie Namen nennen würde, wiederholte sie lediglich: "Ich verweigere die Aussage." Zehn Monate lang, dann wurde sie zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und ins Konzentrationslager Ravensbrück gebracht. Dort starb Tilde Klose 1942 — heute erinnert an sie ein Weg in Unterrath, nicht weit entfernt von ihrer einstigen Arbeitsstätte.

Im Süden Düsseldorfs, in der Nähe rauscht die Autobahn nach Köln, liegt in Hellerhof der Lore-Agnes-Weg. Die Arbeiterwohlfahrt hat ein Altenheim nach dieser kämpferischen, kraftvollen Frau (die 1876 geboren wurde) benannt, denn sie war wesentlich an der Gründung des Wohlfahrtsverbandes beteiligt. Lore Agnes hatte als Dienstmädchen begonnen, saß nach getaner Arbeit in einem kalten Dachkämmerchen und las Bücher.

Später, verheiratet und finanziell abgesichert, war sie in der Frauenbewegung aktiv und gehörte zu den Gründerinnen des "Verbandes der Hausangestellten", die zu dieser Zeit, wie sie aus eigener Erfahrung wusste, völlig wehrlos waren. Schon damals war sie Mitglied der SPD und bis 1933 Abgeordnete des Reichstags. Auf dem Düsseldorfer Stadtplan ist der Weg, der heute ihren Namen trägt, nicht mal so lang wie ein Fingernagel.

Straßenschilder erinnern aber auch immer wieder an künstlerisch begabte Frauen. Wie zum Beispiel an Clara Viebig, die mit ihrem Roman "Die Wacht am Rhein" eine Hommage an Düsseldorf schrieb. Oder an Luise Hensel (1798-1876), deren Namen ein Stück Asphalt im Schriftsteller-Viertel in Lohausen trägt.

Sie hat der Nachwelt ein umfangreiches lyrisches Werk hinterlassen: Lieder, Gebete, Gedichte. "Innigkeit des Erlebens" bescheinigte ihr der Biograf Winfried Freund. Luise Hensel galt als Frühvollendete, zeigte bereits im Alter von 12 Jahren "eine erstaunliche Meisterschaft." Sie selbst hat das offensichtlich ganz anders gesehen: "Ich habe eigentlich nie Lieder gemacht, sie wachsen mir so aus dem Herzen." Ihr Name ist heute längst vergessen, aber einen Vers von ihr kennt jedes Kind: "Müde bin ich, geh zur Ruh…

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