8. März Weltfrauentag? – ist kein Frauenkampftag

Meinung · Der Internationale Frauentag gilt traditionell dem Kampf um Emanzipation und Gleichberechtigung. Doch auch nach mehr als 110 Jahren ist die Lage vieler Frauen weltweit katastrophal. Warum die Kampfrhetorik trotzdem in die Irre führt.

 Arbeiterinnen in einer Cashew-Verarbeitungsfirma.

Arbeiterinnen in einer Cashew-Verarbeitungsfirma.

Foto: Thomas Imo / dpa

Frauen sollten die Geduld verlieren. Von gleicher Bezahlung, gleicher Lastenverteilung in der Familie, gleichen Aufstiegschancen und gleicher Altersabsicherung sind sie in Deutschland noch immer weit entfernt, jede dritte Frau erlebt körperliche oder sexuelle Gewalt. Und weltweit nimmt die Unterdrückung und Misshandlung von Frauen in beschämender Offensichtlichkeit zu. So sehr, dass UN-Generalsekretär António Guterres mahnt, wenn wir so weitermachten, werde die Gleichstellung von Frauen und Männern erst in 300 Jahren erreicht. Ist es also an der Zeit, aus dem Weltfrauentag tatsächlich den Frauenkampftag zu machen, in Streik zu treten wie Frauen in Spanien oder radikaler für Feminismus zu protestieren? Weil niemand die Appelle mehr hören kann. Und eine feministischere Welt eine bessere wäre – für alle.

Gesellschaftlicher Wandel hat immer mit Machtverschiebung zu tun. Das erklärt die Zähigkeit der Prozesse. Und natürlich bewegt sich nichts, wenn Frauen das nur geduldig registrieren. Sie hätten bis heute kein Wahlrecht in Deutschland. Doch alle Kampfrhetorik nährt die Vorstellung, Frauenrechte seien etwas, das Männer gewähren oder Frauen erringen müssten. Es geht aber vielfach um tief ins Bewusstsein gefräste Denkmuster und vor allem um ungerechte Strukturen, die sich in Gesellschaften etabliert haben – weil es Profiteure gibt. Manchmal sind das Männer, oft auch anonyme Strukturen wie die Ausbeutung weiblicher Arbeitskräfte in Billiglohnländern oder die Geringachtung von Care-Arbeit in westlichen Gesellschaften. Für Frauenrechte zu kämpfen, ist also keine weitere Aufgabe, die gefälligst Frauen zu erledigen haben. Einmal mehr mit schlechter Ausgangslage und unklarem Ausblick auf Erfolg. Feminismus ist Teil aller Diskurse, die sich mit Gerechtigkeit, Ressourcenverteilung, Kooperation beschäftigen und für die es entschiedenes Eintreten braucht – unabhängig von Gender und Geschlecht. Das sollte nicht den Blick verstellen auf Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und toxische männliche Machtstrukturen. Es geht um die Frage, wer für Feminismus eintritt und was die Ziele sind. Eine gerechtere Welt für alle ist nämlich Aufgabe für alle. Soll heißen: Wenn in irgendeiner Kleinstadt endlich ein Frauenhaus eröffnet, eine Mathematiklehrerin gezielt Mädchen ermutigt, ein MINT-Fach zu studieren oder ein Unternehmen Schlüsselpositionen mit weiblichen Kräften besetzt, ist das kein Sieg für die Frauen. Sondern für alle, die eine bessere Zukunft wollen.

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