Neue Tarifmodelle und Marketing-Aktionen Wie NRW Fahrgäste zurück in Bus und Bahn holen will

Düsseldorf · Bus und Bahn haben in NRW an Beliebtheit eingebüßt. Aktuell steigen in den ÖPNV 40 Prozent weniger Gäste ein als vor der Pandemie. Mit einer landesweiten Kampagne wollen Verkehrsministerium und die Verkehrsunternehmen dagegen steuern.

 Während der Corona-Pandemie haben viele Fahrgäste dem ÖPNV den Rücken gekehrt.

Während der Corona-Pandemie haben viele Fahrgäste dem ÖPNV den Rücken gekehrt.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Die Corona-Pandemie war für den ÖPNV auf mehrfache Weise ein Rückschlag. Zuerst mieden viele Gäste Bus und Bahn, um das Risiko einer Infektion zu minimieren. In den vergangenen Monaten kündigen nun immer mehr Abonnenten nach Angaben der Verkehrsverbünde. Viele Menschen wollen künftig häufiger im Homeoffice arbeiten und sind nicht täglich auf den ÖPNV angewiesen. „Wenn die Leute nicht mehr fünf Tage die Woche ins Büro fahren, wollen sie auch nicht für jeden Tag ein Abo bezahlen“, sagte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU). Die Fahrgastauslastung des ÖPNV in NRW liegt aktuell bei 60 bis 65 Prozent der Auslastung vor der Pandemie. Um Kunden zurückzugewinnen, starten das NRW-Verkehrsministerium und die Verkehrsunternehmen eine landesweite Kampagne.

Ein Teil der Kampagne sind neue, flexiblere Ticket-Angebote. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) testet bereits seit Anfang Juni im Rahmen eines Pilotprojekts das „Flexticket“ für Firmenkunden. Ein ähnlicher Tarif soll zum Januar 2022 für alle Fahrgäste kommen. Dieser funktioniert so: Entweder zahlt man monatlich fünf Euro und bekommt Einzeltickets 20 bis 25 Prozent günstiger, oder man zahlt zehn Euro im Monat und bekommt einen Ticket-Rabatt von 30 bis 35 Prozent. Ein anderes Modell soll es ab August im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) geben. Mit einem „10-Tage-Flexticket“ bekommen Fahrgäste zehn vergünstigte Fahrkarten im Monat, die innerhalb von 30 Tagen gelten.

„Das Verhalten der Kunden hat sich verändert“, sagte Michael Vogel, Geschäftsführer des VRS. Er gehe davon aus, dass diese Veränderung bleiben werde. Der Trend zum Homeoffice sei für den ÖPNV eine Herausforderung, sagte Wüst. Doch die Klimaziele seien nur mit Investitionen in den Ausbau des ÖPNV zu erreichen. „Eine moderne Verkehrspolitik ist der beste Klimaschutz“, sagte Wüst. Deutschland müsse wieder „Bahnland“ werden.

Zu diesem Zweck fließen bereits Milliarden. Seit 2019 wurden in NRW knapp zwei Milliarden Euro in eine ÖPNV-Offensive gesteckt. Um den Ausfall der Fahrgäste zu kompensieren, haben Bund und Land darüber hinaus jeweils 477 Millionen Euro in Bus und Bahn investiert.

Mit Preiserhöhungen müssen die Kunden aber trotz der Investitionen vom Bund und Land rechnen. Der VRR hat bereits Ende Juni angekündigt, dass der Ticketpreis 2022 um durchschnittlich 1,7 Prozent steigen werde. „Ich denke, diese Gespräche laufen in allen Verbundräumen“, sagte VRS-Geschäftsführer Vogel. Er rechnet mit Preiserhöhungen in allen NRW-Verkehrsverbünden. Da bewegten sich die Verkehrsunternehmen in einem Spannungsfeld. „Auf der einen Seite wollen wir Kunden zurückgewinnen. Auf der anderen haben wir aber nun mal beachtliche Schäden, die von allen Seiten getragen werden“, sagte Vogel. Es sei normal und solidarisch, dass sich alle daran beteiligen. Die Nahverkehrsunternehmen gehen davon aus, dass die Fargastzahlen in Bus und Bahn Ende 2022 das Vor-Corona-Niveau erreichen

Neben den neuen Tarifen und Marketing-Aktionen in den Ferien soll auch eine landesweite Koordinationsstelle eingerichtet werden. „Sie soll sich intensiv und nachhaltig mit den Folgen der Pandemie auseinandersetzen“, sagte Vogel. Damit wolle man sich auch besser für weitere Fälle in der Zukunft aufstellen.

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