Entsetzen in Vreden Wer tötet 900 Schweine auf diese qualvolle Weise?

Vreden · Nachdem in einem Mastbetrieb im Münsterland 900 Schweine qualvoll verendet sind, ermittelt der Staatsschutz. Die Belüftungsanlage wurde abgeschaltet, die Alarmanlage manipuliert. Es ist nicht das erste Mal, dass Schweine auf dem Hof erstickten.

 Christian (r.) und Johannes Röring, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands und Bundestagsabgeordneter.

Christian (r.) und Johannes Röring, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands und Bundestagsabgeordneter.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Es soll gegen 8.50 Uhr am Montagmorgen gewesen sein, als Christian Röring den erschreckenden Fund in seinem Mastbetrieb in Vreden gemacht haben will, wie er in einer Pressemitteilung schreibt. Etwa 900 Schweine liegen verendet im Stall. Qualvoll erstickt, weil sie keinen Sauerstoff mehr bekommen haben.

„Ich stellte fest, dass eine Tür zu einem von mir betriebenen Maststall aufgebrochen und die Lüftungstechnik sowie die Alarmanlage durch Manipulationen außer Kraft gesetzt worden waren“, sagt Röring. Infolge der Manipulation sei die Be- und Entlüftung des Stalles nicht mehr funktionsfähig gewesen, erklärt der westfälische Landwirt. Die Kadaver müssen in der Tierkörperbeseitigungsanstalt entsorgt werden.

Die Polizei geht zum jetzigen Zeitpunkt der Ermittlungen davon aus, dass Unbekannte gewaltsam in den Schweinemastbetrieb eingedrungen sind und die Alarmanlage manipuliert haben. Im Technikraum hätten der oder die Täter in der Nacht auf Montag die Stromversorgung für die Belüftung unterbrochen. „Wir haben deutliche Einbruchsspuren gefunden“, sagt ein Sprecher der Polizei in Borken. Von den Tätern fehlt jede Spur. Das Polizeipräsidium Münster hat die Ermittlungen übernommen, der Staatsschutz ist hinzugezogen worden.

Dieser ermittelt bei Straftaten mit einem politischen Hintergrund. „Das ist Routine in solchen Fällen. Wir ermitteln in alle Richtungen“, sagt ein Sprecher der Polizei Münster. Aus Polizeikreisen ist zu erfahren gewesen, dass sich die Ermittler vor allem eine Frage stellen: Wer tötet bewusst 900 Schweine auf so qualvolle Weise? „So eine Tat ist nicht nachvollziehbar“, sagt eine Polizistin. Aber derzeit deute sehr viel darauf hin, dass der oder die Täter den Tod zumindest billigend in Kauf genommen haben. „Wenn nicht sogar absichtlich herbeigeführt haben“, so die Polizistin.

Christian Röring bewirtschaftet den Familienbetrieb in Vreden. Sein Vater Johannes ist Bundestagsabgeordneter (CDU) und Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes. Bereits vor sechs Jahren hat es auf dem Hof schon einmal einen ähnlichen Vorfall gegeben. Damals verendeten ebenfalls rund 900 Schweine wegen Sauerstoffmangels, nachdem im neu gebauten Stall Lüftungsanlage, Filteranlage und Alarmanlage ausgefallen waren.

Damals wurde zunächst wegen eines Verstoßes gegen die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung ermittelt. Christian Röring wies die Vorwürfe zurück. Er habe nicht gegen die Betreuungspflicht verstoßen. Eine Überprüfung durch den Kreis Borken ergab damals, dass dem Halter kein Vorwurf gemacht werden könne. Demnach war die Alarmanlage durch einen Blitzeinschlag defekt.

Bei der Tierschutzorganisation Peta kann man sich nicht vorstellen, dass Tierschützer hinter der Tat in Vreden stecken. „Selbst die radikalsten würden so etwas nicht tun“, sagt Edmund Haferbeck, Leiter der Wissenschaftsabteilung bei Peta. Die Schweine hätten unglaublich leiden müssen. Das könnte niemand wollen, der sich fürs Tierwohl einsetze. „Erst nach zwei Stunden müssen die Schweine in der Anlage bewusstlos gewesen und dahingesiecht sein“, erklärt Haferbeck.

Der Verein „Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft“ fragt, ob es Christian Röring für verantwortbar hält, seinen Stall weder spätabends noch frühmorgens einem Kontrollgang zu unterziehen? Möglicherweise hätte man so die aufkommende Unruhe unter den Schweinen bemerken können, so der Verein, der Strafanzeige gegen Unbekannt erstatten will.

Im Jahr 2016 brachen Tierschützer in den Betrieb Rörings ein und drehten heimlich Bilder, die angeblich verletzte Schweine zeigten. Röring wies Vorwürfe der Tierquälerei entschieden zurück. Einen ähnlichen Fall hatte es auch auf dem Familienhof der mittlerweile zurückgetretenen NRW-Umweltministerin Christina Schulze-Föcking (CDU) gegeben.

Nach Angaben des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes (RLV) kommt es immer häufiger zu solchen Einbrüchen. Der RLV appelliert daher an alle Landwirte, Einbrüche zu melden. „Für die betroffenen Familien ist ein Einbruch in die Stall-Anlagen enorm belastend. Aufgrund der räumlichen Nähe der Ställe zum Wohnhaus ist der psychische Druck nach einem Einbruch sehr groß“, sagte eine RLV-Sprecherin. Auch die Tiere würden dadurch gestresst. Zudem könnten auf diesem Weg Krankheitserreger in die Stallungen eingeschleppt werden.

Christian Röring dankt im aktuellen Fall allen Beteiligten für ihre Unterstützung. „Wir hoffen, dass die Polizei diesen für mich und meine Familie in vielfacher Hinsicht sehr bedrückenden Vorfall rasch aufklären kann.“

Auch NRW-Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) äußerte sich zu dem Vorfall: „Der Tod von rund 900 Schweinen in einem Betrieb ist sehr schlimm. Ich denke dabei auch an die betroffene Familie.“ Der Ausgang der Ermittlungen bleibe abzuwarten.

(csh)
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